Kriminalität

Axtmörder von Kalletal bekommt Höchststrafe

Auf die Tat folgte eine wochenlange Flucht und eine aufsehenerregende Fahndung. Jetzt wurde das Urteil über den sogenannten Axtmörder von Kalletal gesprochen. Dabei floss auch die Vorgeschichte des Mannes ein.


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Ein Justizbeamter bewacht den Angeklagten, der sein Gesicht hinter einem Aktendeckel verbirgt.

In seinem Plädoyer bringt es Oberstaatsanwalt Christopher Imig auf den Punkt: "Die Geschichte ist schnell erzählt, auch wenn es eins der grausamsten Verbrechen der letzten Jahre in der Region war." Kurz nach dem Schlussvortrag des Anklägers verhängt das Landgericht Detmold gegen den sogenannten Axtmörder von Kalletal die Höchststrafe. Es verurteilt den 37-Jährigen am Freitag wegen Mordes und zweifacher Vergewaltigung zu lebenslanger Haft und stellt die besondere Schwere der Schuld fest.

Eine vorzeitige Haftentlassung ist damit nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen. Das Gericht hat außerdem Sicherungsverwahrung angeordnet, was bedeutet, dass der Mann auch nach Verbüßung der eigentlichen Strafhaft so schnell nicht freikommen soll. Mehr geht im deutschen Recht nicht.

Nach Überzeugung des Gerichts hatte der Angeklagte dem neuen Partner (39) seiner Ex-Freundin im Juni 2022 eine Axt in den Kopf gerammt und ihn so ermordet, während dieser mit der Frau im Bett lag und schlief. Anschließend vergewaltigte er die Frau mehrfach. Die drei und sechs Jahre alten Kinder der Frau schliefen währenddessen nebenan.

Der jetzt Verurteilte war kurz nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs mit seiner Freundin und mit deren Kindern aus der Ukraine über Polen in Richtung Deutschland geflüchtet. Kurz vor der Grenze erfährt die 26-Jährige, dass der heute 37-Jährige vor rund zehn Jahren bereits in der Ukraine eine Frau getötet hat. Die Beziehung geht in die Brüche. Sie verliebt sich in ihren Fluchthelfer aus Rinteln in Niedersachsen, der ihnen eine Wohnung und Arbeit in Kalletal besorgt hat. In der Gemeinde im Kreis Lippe in Nordrhein-Westfalen kommt es dann zu dem Mord an dem 39-Jährigen.

Das Landgericht folgte am Freitag beim Urteil den Forderungen der Anklage. Aber nicht in allen Punkten. So sieht das Landgericht nur das Mordmerkmal Heimtücke, nicht auch niedrige Beweggründe.

"Er hat eine extreme Drohkulisse aufgebaut. Schlimmer kann es ja eigentlich nicht sein. Die Frau hatte Todesangst um sich und ihre Kinder", sagte der Vorsitzende Richter Karsten Niemeyer in der 30-minütigen Urteilsbegründung. Im Prozess habe sich der Angeklagte - ein gebürtiger Aserbaidschaner - nicht zu seinen Gefühlen geäußert. Deshalb gebe es nur geringe Erkenntnisse über sein Motiv. "Aber er war voller Wut auf das Opfer, weil er von ihm aus seiner Rolle gedrängt worden war", sagte Niemeyer.

Dass der Sex mit der Frau nach der Tat einvernehmlich gewesen sei, glaubt das Gericht dem 37-Jährigen nicht und bewertet die Aussage als Schutzbehauptung. Die Frau habe die Vergewaltigungen glaubhaft und sehr detailreich geschildert. "Nach so einer Tat einvernehmlicher Sex, das ist völlig weltfremd", so das Gericht.

Das hatte Verteidiger Johannes Salmen in seinem Plädoyer ganz anders gesehen. Er meldete Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Frau an, die heute wieder in der Ukraine lebt und in dem Verfahren als Zeugin per Video zugeschaltet worden war.

Der 37-Jährige nimmt das Urteil auf der Anklagebank in gebückter Haltung und mit gesenktem Blick auf. In seinem letzten Wort äußert er kein Wort des Bedauerns. Auch nicht in Richtung der Nebenklägerin: Die Witwe des ermordeten Fluchthelfers hat ihren Mann und Vater ihrer Kinder verloren. Gleichzeitig bezeichnet der 37-Jährige das Vergewaltigungsopfer als Lügnerin.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verteidiger kündigte Revision, also eine Überprüfung auf Rechtsfehler, durch den Bundesgerichtshof (BGH) an. Salmen meldete in seinem Plädoyer Zweifel an, ob das erste Urteil gegen seinen Mandanten vor rund zehn Jahren in der Ukraine unter rechtsstaatlichen Bedingungen gelaufen ist. Hier räumte auch der Vorsitzende Richter Niemeyer ein Fragezeichen ein. Das könnte das Gericht in Detmold nicht einschätzen. Schließlich war das vor dem Umsturz in der Ukraine im Jahr 2014. Der 37-Jährige war verurteilt worden, weil er vor rund zehn Jahren eine Frau mit einer Axt getötet hatte, die sich von ihm trennen wollte.

Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld begründete Niemeyer mit der im Juni 2022 direkt auf das Tötungsdelikt folgenden mehrfachen Vergewaltigung. "Das geht über einen normalen Fall hinaus."

Für Aufsehen hatte auch die wochenlange Flucht des heute 37-Jährigen gesorgt. Weil er nicht Auto fahren konnte, war er in eine Polizeikontrolle geraten und entkommen. Anschließend flüchtete er über Niedersachsen und Brandenburg in Richtung Polen. Wegen seiner Gewaltbereitschaft hatte die Polizei besonders Lastwagenfahrer vor ihm gewarnt. Kurz vor der Grenze zu Polen hatten Spezialkräfte ihn dann noch in Deutschland festgenommen.