Psyche unter Dauerstress

Angst im Kopf: Wenn Corona zur Nervensache wird


Die unterschiedlichen Folgen der Corona-Pandemie sorgen bei vielen Menschen für psychischen Stress. (Symbolbild)

Die unterschiedlichen Folgen der Corona-Pandemie sorgen bei vielen Menschen für psychischen Stress. (Symbolbild)

Von Bernhard Lackner

Die aktuelle Umfrage der Techniker Krankenkasse zeigt, dass die Pandemie starke Auswirkungen auf die Psyche hat. Den Bayern fehlen besonders die sozialen Kontakte.

Hamburg/München - Angst vor Ansteckung, Soziale Distanz, Kurzarbeit: In den letzten Monaten haben die Folgen der Pandemie viele Menschen auf eine psychische Belastungsprobe gestellt. Jeder zweite Deutsche fühlt sich durch Corona gestresst. 50 Prozent der Befragten gaben an, sich während Corona häufig oder manchmal gestresst zu fühlen. In Bayern lag die Zahl sogar bei 56 Prozent. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK).

Besonders belastet 80 Prozent der Befragten der fehlende Kontakt zu Familie und Freunden. Hier lag der Wert für Bayern sogar bei 89 Prozent - der höchste im gesamten Bundesgebiet. Am zweithäufigsten wurde als Belastungsfaktor die Angst vor einer Corona-Erkrankung der Angehörigen genannt (57 Prozent im Bundesdurchschnitt, 59 Prozent in Bayern).

Kita- und Schulschließungen (56 Prozent im Bund, 50 Prozent in Bayern) nannte jeder Zweite. Ebenso die Angst vor einem Zusammenbruch der Wirtschaft (50 Prozent im Bund, genauso viel in Bayern). Die Ausnahmesituation schlägt sich auch auf den Arbeitsalltag nieder. 38 Prozent der Befragten geben an, dass ihre Arbeit stressiger ist als vor der Pandemie (50 Prozent in Bayern). Einsamkeit und Langeweile wurden gleich häufig von den Befragten genannt. Hierunter leiden 22 Prozent (18 Prozent in Bayern).

Corona belastet Jüngere stärker als Ältere

Auffällig ist: Jeder Dritte unter 60 Jahren (38 Prozent der 18- bis 39-Jährigen und 40 Prozent der 40- bis 59-Jährigen) gibt an, starke Probleme mit der aktuellen Situation zu haben. Deutlich entspannter sind die über 60-Jährigen. Nur 27 Prozent von ihnen fühlen sich von den Umständen sehr belastet, und das, obwohl sie zur Risikogruppe zählen.

"Die Jüngeren sind in der Regel aktiver in ihrer Freizeit. Sie gehen aus, treffen sich mit Freunden oder reisen. Da das während des Lockdowns wegfallen musste, haben sie die Zeit als größeren Einschnitt erlebt als die Älteren", sagt David Horstmann, Psychologe bei der Techniker Krankenkasse (in dieser Kategorie liegen keine gesonderten Ergebnisse für Bayern vor).

Frauen haben mehr unter Druck als Männer

In Familien kommt für die Jüngeren die Doppelbelastung von Arbeit und parallel Kinderbetreuung oder Homeschooling als Stressfaktor hinzu. 69 Prozent der Eltern geben an, dass sie durch den Alltag in der Corona-Zeit gestresst sind. Hier ist das Homeoffice ein entscheidender Faktor. Während nur knapp die Hälfte der Erwerbstätigen ohne Kinder angibt, im Homeoffice gestresst zu sein, sind es unter den Eltern 68 Prozent. "Diese Doppelbelastung ist vermutlich auch einer der Gründe für die unterschiedlich hohe Stressbelastung von Frauen und Männern während der Pandemie", sagt Horstmann.

Mehr als die Hälfte der befragten Frauen (57 Prozent) gab an, gestresster zu sein als sonst. Mit 42 Prozent empfindet aber auch ein Großteil der Männer mehr Stress durch Corona (auch hier keine gesonderten Ergebnisse für Bayern).

Unterschiedliche Strategien zum Umgang mit dem Lockdown

Die Leute haben unterschiedlich auf die radikalen Einschnitte des Lockdowns reagiert. Mehr als jeder Zweite (54 Prozent im Bund, 63 Prozent in Bayern) überbrückt das Social Distancing durch Videochats mit Freunden und Familie.

Am zweithäufigsten gaben die Befragten an, die Zeit zu nutzen, um Wohnung, Garten oder Balkon auf Vordermann zu bringen (47 Prozent, 49 Prozent in Bayern). Aufgeschobene To-dos wie Keller aufräumen oder Papierkram erledigen lag auf Top Drei der meistgenannten Antworten (46 Prozent im Bund, 52 in Bayern). Dahinter folgt Spazierengehen mit 45 Prozent (53 Prozent in Bayern). Nur 19 Prozent verbringen mehr Zeit mit interaktiven Medien wie Videospielen oder Social Media (16 Prozent in Bayern).

Für die Umfrage "Corona 2020" befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa vom 13. bis 26. Mai 1.000 Personen zur Corona-Zeit. Die Befragten repräsentieren einen Querschnitt der volljährigen Bevölkerung in Deutschland.

Liebe Leserinnen und Leser, wie geht es Ihnen in der Corona-Krise? Fühlen auch Sie sich gestresst? Wenn ja, wovon denn genau? Schreiben Sie uns an: leserforum@az-muenchen.de