Kommentar

Alles für den Schutz der Bürger


Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren rückt näher - abseits von Hochwasserereignissen und Flüchtlingskrisen. Auch bei Großlagen wie Terroranschlägen könnten wohl künftig Soldaten ausrücken, um die Polizei zu unterstützen.

Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren rückt näher - abseits von Hochwasserereignissen und Flüchtlingskrisen. Auch bei Großlagen wie Terroranschlägen könnten wohl künftig Soldaten ausrücken, um die Polizei zu unterstützen.

Von Dr. Gerald Schneider

Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren rückt näher - abseits von Hochwasserereignissen und Flüchtlingskrisen. Auch bei Großlagen wie Terroranschlägen könnten wohl künftig Soldaten ausrücken, um die Polizei zu unterstützen.

Gemeinsame Anti-Terror-Übungen von Bundeswehr und Polizei sollen nun der nächste Schritt dazu sein. Das ist zu begrüßen. Wenn akute Gefahr für die Bevölkerung besteht, muss der Staat alles mobilisieren können, was ihm zur Verfügung steht. Es kann nicht sein, dass Menschenleben in Gefahr geraten, weil eine Gesetzeslage dies offenbar so vorsieht. Eines darf jedoch ebenfalls nicht passieren: Die Streitkräfte dürfen kein Ersatz für den Ausbau der Polizei sein. Wer innere Sicherheit will, der muss für eine gut ausgestattete Polizei sorgen.

Feldjäger-Einheit hielt sich in München in Bereitschaft

Am 22. Juli schoss ein 18-Jähriger in der Nähe des Olympia-Einkaufszentrums in München um sich. Neun Menschenleben löschte er aus, bevor er sich selbst richtete. Für die Polizei war die Lage anfangs unklar. So musste die Polizei vom Schlimmsten ausgehen: einem koordinierten Terroranschlag an mehreren Schauplätzen in der Landeshauptstadt. Die Lage entpuppte sich dann "nur" als Amoklauf eines Einzeltäters - schlimm genug. Kurz darauf wurde bekannt, dass sich eine Feldjäger-Einheit, also die Militärpolizei, in Bereitschaft hielt, um ihre zivilen Kollegen im Bedarfsfall unterstützen zu können.

Nötig war das nicht, die Polizei hatte mit ihren 2.300 Beamten alles im Griff. Also ein Argument gegen die Bundeswehr im Inland? Auf den ersten Blick womöglich ja. Doch was, wenn sich die schlimmsten Befürchtungen eines Terroranschlags bewahrheitet hätten? Man darf der Polizei sicher vieles zutrauen. Sie braucht kein Militär, um ihr im Einsatzfall zu sagen, wo es langgeht. Dazu ist die Polizei in Deutschland wahrlich gut und leistungsbereit genug. Bei lange anhaltenden Anschlagsszenarien müssen Beamte aber ausgetauscht werden, die Kräfte lassen sich nicht unbegrenzt belasten - erst recht dann, wenn etwa Terrorkommandos an mehreren Orten im Bundesgebiet über mehrere Tage verteilt zuschlagen.

Man kann nicht an der Polizei sparen

Verkehrslenkungen, Absperrungen, Objektüberwachungen, Transportfahrten - all dies könnten auch Soldaten übernehmen, ohne dass die Bundesrepublik in ihren Grundfesten erschüttert wird. Die Polizei hätte dann Kräfte für andere Aufgaben frei. Und in einer Armee, die sich nicht mehr auf Wehrpflichtige stützt, sondern auf Zeit- und Berufssoldaten, ließe sich die Ausbildung entsprechend anpassen.

Aber eines muss allen Innen- und Finanzministern bewusst sein: Man kann nicht an der Polizei sparen und dann nach den Streitkräften rufen; zumal auch die Bundeswehr ihre eigenen anspruchsvollen Aufgaben hat. Wer für innere Sicherheit sorgen will, der muss Geld für die Polizei ausgeben - Planstellen schaffen und die notwendige Ausrüstung bereitstellen, damit die Beamten zu allem entschlossenen Terroristen, ausgestattet mit Sprengsätzen und Kriegswaffen, entgegentreten können. Nur so lässt sich die Bevölkerung wirksam schützen. Die Bundeswehr kann hierzu nur immer einen unterstützenden Beitrag leisten. Das soll sie bitte - unter Federführung der Polizei - auch tun dürfen. Menschenleben zählen mehr als juristische Hindernisse.