Kultregisseur wurde 90 Jahre alt
"Wenn die Gondeln Trauer tragen": Nicolas Roeg ist tot
24. November 2018, 19:25 Uhr aktualisiert am 24. November 2018, 19:25 Uhr
Er zählte zu den originellsten Filmemachern Großbritanniens, holte auch Mick Jagger und David Bowie vor die Kamera. Doch Nicolas Roeg ließ sich nie auf ein Genre festlegen. Nun starb er in hohem Alter.
London - Der britische Kult-Filmregisseur Nicolas Roeg ist tot. Er starb Freitagnacht im Alter von 90 Jahren, wie sein Sohn Nicolas Roeg Junior der britischen Nachrichtenagentur PA bestätigte.
Roegs bekanntestes Werk ist der Horrorfilm "Wenn die Gondeln Trauer tragen" aus dem Jahr 1973. Julie Christie und Donald Sutherland spielen darin trauernde Eltern, die denken, dass sie ihre tote Tochter auf einer Reise nach Venedig sehen - auch wegen einer Sexszene bot der Film noch Jahre später Gesprächsstoff.
Denn die Szene zwischen Christie und Sutherland hielten viele für echt. Selbst vier Jahrzehnte später sah sich Sutherland zu der Stellungnahme gezwungen: "Nicht wahr. Nichts davon." Und Produzent Peter Katz kommentierte noch 2011 trocken im "Hollywood Reporter": "Es gab zwar eine Sexszene, die auf Film gebannt wurde, aber es war keine Szene, mit der ein Mensch hätte erschaffen werden können."
Duncon Jones: Roeg ein "großer Geschichtenerzähler"
Auch in diesem Meisterwerk hielt Roeg wie in den meisten anderen Filmen seine Zuschauer bis zur letzten Szene mit seiner typischen assoziativen Schnitt-Technik in Atem. John Preston von der britischen Zeitung "The Telegraph" beschrieb ihn einmal als kleinen, gnomenhaften Mann mit Segelohren, der in seinem eigenen Film-Universum lebt; so besessen, dass er wie darin verstrickt wirkt.
Filmemacher Duncan Jones, der Sohn von David Bowie, würdigte Roeg im Kurznachrichtendienst Twitter als einen "großen Geschichtenerzähler" und "einzigartig".
Bowie, der 2016 starb, hatte beim Film "Der Mann, der vom Himmel fiel" die Hauptrolle gespielt. Immer wieder arbeitete Roeg mit Rockstars und anderen Größen des Showgeschäfts zusammen. Das britische Filminstitut BFI nannte Roeg eine treibende Kraft des Kinos. Er habe einige der "ergreifendsten Momente der Schönheit, des Grauens und der Traurigkeit erschaffen, die man je gesehen hat".
Nicolas Roeg: Er hatte immer seinen eigenen Kopf
Geboren 1928 in London, arbeitete sich Roeg in den Filmstudios gegenüber seinem Elternhaus vom Laufburschen zum Kameraassistenten hoch und drehte schließlich als Kameramann der Second Unit für den Oscar-gekrönten Film "Lawrence von Arabien" (1962). Doch er hatte immer schon seinen eigenen Kopf: Beim Dreh von "Doktor Schiwago" (1965) geriet er mit dem Regisseur aneinander und wurde gefeuert.
Daraufhin filmte er Klassiker wie Francois Truffauts "Fahrenheit 451" (1966) und John Schlesingers "Die Herrin von Thornhill" (1967). 1970 bekam Roeg die Chance, bei dem psychodelischen Gangsterfilm "Performance" Regie zu führen - mit Mick Jagger von den Rolling Stones in der Rolle eines zurückgezogenen Rockstars. Ein Skandalfilm nicht nur wegen der sexuellen Experimente der Hauptpersonen, sondern auch wegen Roegs ungewöhnlicher Sprünge zwischen Wirklichkeit und surrealen Drogenträumen.
Das australische Drama "Walkabout" (1971) etablierte Roeg und seine Montagetechnik als visionär. An der Kinokasse floppte der Film, doch auf Nummer sicher gehen war nicht Roegs Stil. "Ich habe nie versucht, meinen Ruf zu verbessern", sagte er einmal dem "Telegraph". "Mich nie hochgehangelt. So etwas interessiert mich überhaupt nicht."