Kultur

Weil er es kann

El Hotzo alias Sebastian Hotz debütiert mit "Mindset" als Romanautor


"El Hotzo", der mit bürgerlichem Namen Sebastian Hotz heißt, bei der Verleihung des Preis für Popkultur.

"El Hotzo", der mit bürgerlichem Namen Sebastian Hotz heißt, bei der Verleihung des Preis für Popkultur.

Von Robert Braunmüller

Seine gesellschaftskritischen Postings auf Instagram und Twitter werden täglich von 1,3 Millionen Menschen gelesen. Außerdem ist "El Hotzo" alias Sebastian Hotz Autor beim "ZDF Magazin Royale", Podcaster und Medienfigur. Damit könnte man im Alter von 27 Jahren eigentlich glücklich sein.

Warum schreibt so jemand einen Roman? Weil er's kann. Außerdem garantiert die Veröffentlichung eines Hardcovers bei einem angesehenen Verlag noch immer maximales Aufsehen und Anerkennung. Der Roman ist - bei alter Verachtung der alten Holz- und Papierwelt durch digitale Grünschnäbel - so etwas wie der Doktortitel, den alle letztendlich doch respektabel finden, auch wenn sie seine Wichtigkeit vehement abstreiten.

Außerdem: Der Roman "Mindset" von Sebastian Hotz ist nicht schlecht. Er erzählt von einem Hochstapler, der sich im Internet als Entrepeneur, Finanzexperte und Erfolgscoach verkauft. Und außerdem von einem gewissen Mirko, der auf ihn hereinfällt und der gelangweilten Hörerin eines True-Crime-Podcasts, die sich aufmacht, den Betrüger zu stellen.

Die etwas wohlfeile Entlarvung eines Selbstoptimierers und die Kritik an der Junk-Economy liest sich flott. Großstädter dürfte die Beschimpfung der absolut durchschnittlichen Orte Mülheim und Gütersloh amüsieren, wo diese Geschichte unter ziemlich durchschnittlichen Leuten mit Mittlerer Reife spielt.

Hotz führt die verschiedenen Stränge auf 288 reichlich groß gedruckten Seiten zuletzt handwerklich sauber zusammen. Ob es sich im strengen Sinn um einen "Roman" handelt, darf bezweifelt werden. Wir würden umfangsbedingt und der "unerhörten Begebenheit" wegen eher auf eine Novelle tippen, sind hier aber nicht im Oberseminar. Und Novellen beeindrucken Lektoren, Buchhändler und Leser längst nicht so sehr wie die Königs-Gattung der Herren Flaubert, Tolstoi, Thomas Mann & Co.

Der leichte Hochmut, mit dem Hotz satirisch nach unten tritt, könnten empfindsame Seelen mit schlechter Laune für Klassismus halten. Und wie der Roman vor den Gefahren der Online-Welt warnt, passt mehr zu einem älteren Oberstudienrat als zu einem Jung-Autor, der vor allem durch das Internet bekanntgeworden ist.

Bezeichnenderweise lässt der Roman sogar sozialdemokratisch grundierte Sympathien für gewerkschaftliche Organisation durchblicken. Trotzdem liest sich der Roman flott. An zwei, drei Kapitelanfängen, etwa einer Reflexion über den Heldentod, blitzt eine Ahnung von El Hotzos Witz auf.

Sonst regiert der allzu große Respekt vor der Gattung und der hohen Form von Literatur. Und die meisten Fans des Autors dürften, wenn ihnen ein Kapitel anonym vorgelegt würde, niemals darauf kommen, wer "Mindset" geschrieben hat.

Sebastian Hotz: "Mindset" (Kiepenheuer & Witsch, 288 Seiten, 23 Euro)