AZ-Filmkritik

"Spider-Man: A New Universe": Der Spinnenlehrling


Das Preisschild hängt noch dran: Miles zieht sich das Spider-Man-Kostüm an, ist aber nur eine der vielen Versionen des Superhelden in diesem Film.

Das Preisschild hängt noch dran: Miles zieht sich das Spider-Man-Kostüm an, ist aber nur eine der vielen Versionen des Superhelden in diesem Film.

Von Selim Aydin

Spider-Man kommt in "A New Universe" animiert ins Kino - in einer ziemlich verworrenen Geschichte.

Von all den Comic-Helden, die im Hause Marvel das Licht der Welt erblickten, dürfte Spider-Man derjenige sein, der in Film und Fernsehen am besten ausgebeutet wurde. Gibt man "Spider-Man" in die Suchmaske der "Internet Movie Database" (dem Daten-Mekka für Cineasten) ein, bekommt man beim Scrollen durch die endlose Liste der Adaptionen Schwielen am Zeigefinger.

Aber auch wenn man sich auf die Kinoversionen dieses Jahrtausends beschränkt, ist die Liste lang genug. Seit die Sony Studios Ende der 1990er die Lizenz zum Spinnenmann erworben haben, hat man den Stoff nun schon drei Mal "rebootet".

Der vierte Kino-Spider-Man

Regisseur Sam Raimi ließ Tobey Maguire drei Folgen lang durch die Hochhausschluchten im New York der Post-Nine-Eleven-Ära schwingen. 2012 übernahm Andrew Garfield als "Amazing Spider-Man" das Zepter und brachte es auf schlappe zwei Filme.

Im letzten Jahr frischte mit "Spider-Man: Homecoming" der blutjunge Tom Holland das Franchise auf. Er hat einen Vertrag für sechs Folgen unterschrieben und wurde sogar ins "Avengers"-Team aufgenommen.

Es geht nicht um Peter Parker

Vor diesem Vermarktungshintergrund nimmt man die neue Sony-Produktion mit dem Titel "Spider-Man: A New Universe" dann doch eher als Drohung, denn als Glücksversprechen wahr. Dessen sind sich auch die Macher bewusst und setzen an den Anfang einen selbstironischen Prolog: "Mein Name ist Peter Parker. Den Rest kennt ihr ja sicher. Ich habe die Stadt gerettet, mich verliebt. Dann habe ich die Stadt nochmal gerettet und nochmal und nochmal. Mich gibt es als Comic und als Corn Flakes" heißt es da mit gespielter Lakonie und: "Aber es geht hier nicht um mich".

Nein, es geht hier um den afroamerikanischen Jungen Miles Morales, der selbst zum Spinnenmann wird und nicht die einzige Reinkarnation des guten, alten Peter Parker bleibt. Denn, so lernen wir mit mäßigem Staunen, jede Zeit hat ihren eigenen Spider-Man.

Animationsfilm: Die richtige Entscheidung

Und nun ist der junge Miles dran, dem schon bald der Geschäftsmann The Kingpin als Bösewicht gegenüber steht. Der hat eine riesige "Quantenkanone" gebaut, mit der man sich durch Zeit und Raum beamen kann, was zur Folge hat, dass schon bald eine Hand voll Spider-Men und sogar eine Quoten-Spider-Woman aus anderen "Dimensionen" dem unerfahrenen Superhelden-Azubi zur Seite stehen.

Bei so viel illustrem Personal trifft es sich gut, dass man sich bei der Durchführung dieses heroischen Overkills für die Form des Animationsfilms entschieden hat. Wer hätte schon überzeugend einen kleinen Ferkel-Spider-Man aus der fernen Zukunft darstellen können?

Effekte wie aus Comic-Seiten

Das Regietrio Bob Persichetti, Peter Ramsey und Rodney Rothman bemüht sich redlich die krude, einfallslose Story durch ein paar flotte Dialoge aufzupeppen und der Angelegenheit wenigstens ästhetisch einen neuen Bringwert abzugewinnen.

Die computergenerierten Trickfiguren suchen gezielt die Nähe zu den Original-Comics, Licht-, Schatten- und Farbgebung geben sich wild expressionistisch und auch die filmische Textur wird immer wieder aufgebrochen, um grob gerasterte, graphische Elemente einzustreuen. Aber das hektische Stil-Surfing führt letztlich zu einem bemüht originellen, aber recht unansehnlichen Gesamtergebnis, das nicht über die inhaltlichen Materialermüdungen hinwegtäuschen kann.

Kino: Münchner Freiheit,, Cinema (OV, auch 3D), Cinemaxx (3D), Museum (OV), Mathäser (OV, auch 3D), R: Bob Persichetti, Peter Ramsey und Rodney Rothman (USA, 117 Min.)