Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Simon Rattle dirigiert im Herkulessaal
31. Januar 2020, 17:44 Uhr aktualisiert am 5. Februar 2020, 11:21 Uhr
Simon Rattle und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit Musik von Strauss, Schumann, Berlioz und Rameau im Herkulessaal
Das Leichte ist besonders schwer, lautet ein gern zitiertes, aber wahres Paradox. Dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem gastierende Dirigenten gern bewundernd beim ungebremsten Kraftspiel zuhören, wird das Zarte, Elegante und bewusst Temperierte zu selten abgefordert, obwohl es die Musiker natürlich draufhaben, wenn man sie darum bittet. Was aber allzu selten geschieht.
Das Konzert unter Leitung von Simon Rattle war dafür exemplarisch. Auf dem Programm standen weder Beethoven noch ein spätromantisches Effektstück, sondern dezidiert unspektakuläre Werke: das Hornkonzert Nr. 2 von Richard Strauss zum Abschied des Solo-Hornisten Eric Terwilliger, Robert Schumanns "Genoveva"-Ouvertüre, die Liebesszene aus "Romeo et Juliette" von Hector Berlioz und eine Suite aus "Les Boréades" von Jean-Philippe Rameau.
Wer sich weiterentwickeln will
Keines dieser Werke ist ein Selbstläufer, jedes erfordert einen spezifischen Klang, und jedes Mal wurde er getroffen, außer vielleicht beim Hornkonzert, das Terwilliger ein wenig zu sehr auf Sicherheit spielte, weshalb sich der Lyrismus zu wenig von den Fanfaren abhob. Schumann spielte das Orchester, animiert von Rattle, transparent, hoch differenziert und mit einer staunenswerten Frische, ganz ohne den Beton-Sound, der sich bei den Orchesterwerken dieses Komponisten so schnell einstellt.
Bei Berlioz stellte sich ganz zwanglos eine französische Klanglichkeit ein. Hohe Streicher antworteten schlank und hell auf warme, vibratosatte Celli. Am bemerkenswertesten glückte aber die Suite aus Rameaus letzter Oper. Die galant swingenden Tänze ruhten auf einem Bass-Fundament von vier Fagotten. Kurz vor Schluss dreht sich der Dirigent um, um das Publikum auf die Wiederholung seines Lieblingsstücks hinzuweisen, das in ein paar Takten Webern und Strawinsky vorwegnimmt. Dann ging die Suite rauschend zu Ende, emphatisch beklatscht vom begeisterten Publikum.
Wenn das BR-Symphonieorchester nicht stehenbleiben, sondern sich klanglich und im Repertoire weiterentwickeln will, wäre Rattle dafür der richtige Mann. Aber das war bereits vor zwei Wochen in dieser Zeitung im Zusammenhang mit möglichen Nachfolgern für den verstorbenen Mariss Jansons zu lesen und braucht nicht wiederholt zu werden.