Ex-Präsident der Münchner Musikhochschule

Siegfried Mauser: Immer noch auf freiem Fuß


Siegfried Mauser, der ehemalige Präsident der Münchner Hochschule für Musik und Theater, vor Gericht.

Siegfried Mauser, der ehemalige Präsident der Münchner Hochschule für Musik und Theater, vor Gericht.

Von Robert Braunmüller / TV/Medien

Der zu einer Haftstrafe verurteilte ehemalige Präsident der Münchner Musikhochschule ist immer noch auf freiem Fuß.

Eigentlich sollte Siegfried Mauser seit Jahresbeginn seine Haftstrafe in Landsberg am Lech absitzen. Der ehemalige Präsident der Münchner Hochschule für Musik und Theater wurde im Mai 2018 wegen sexueller Nötigung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Das Landgericht München I sah es als erwiesen an, dass Mauser eine Sängerin in seinem Büro auf das Sofa gestoßen und trotz Gegenwehr sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen habe, was dieser bestreitet.

Im Oktober 2019 wurde dieses Urteil vom Bundesgerichtshof bestätigt. Mausers Anwältin legte eine Verfassungsbeschwerde ein. Sie bat nach Informationen der "Welt" um Haftaufschub, ohne diesen formell zu fordern. Sie kündigte außerdem an, notfalls den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen.

Lieber Häfn als Knast

Mauser selbst begab sich zwischenzeitlich nach Salzburg und stellte von dort aus den Antrag, seine Strafe in einem dortigen Gefängnis verbüßen zu dürfen. Denn er besitzt zusätzlich zur deutschen auch die österreichische Staatsbürgerschaft, die er vor rund 30 Jahren erwarb, als er in Salzburg am Mozarteum eine musikwissenschaftliche Professur übernahm. Sie schützt ihn vor der Auslieferung nach Deutschland.

Der Landsberger Knast blieb Mauser bisher ebenso erspart wie der (österreichische) Häfn. Im Mai hatte ein Sprecher des Landgerichtes Salzburg der "Süddeutschen Zeitung" erklärt, Mauser sei mit coronabedingter Verzögerung mittlerweile ein Bescheid auf Strafvollstreckung zugestellt worden. Dieser Bescheid sei nach zwei Wochen rechtskräftig, und nach wiederum zwei Wochen müsse die Haft angetreten werden.

Auch diese Frist ist mittlerweile verstrichen. Nun fragten die "Salzburger Nachrichten" nach. Peter Egger, Sprecher des Salzburger Landesgerichts, sagte am Montag, dass der Verurteilte bereits am 9. März von der zuständigen Richterin formell angehört worden sei: "Die Richterin hat am 24. April die Verbüßung der Haft in Österreich angeordnet. Der Beschluss wurde am 6. Mai den Anwälten des Verurteilten zugestellt und am 20. Mai rechtskräftig."

Im Gefängnis befindet sich der Ex-Rektor aber noch nicht. Er hat noch keine Aufforderung des Salzburger Gerichts erhalten, zu einem bestimmten Termin beziehungsweise innerhalb einer konkreten Frist die Haftstrafe anzutreten. Auch in der Justizanstalt Salzburg weiß man laut "Salzburger Nachrichten" noch nichts von einem konkret anstehenden Strafantritt. Anstaltsleiter Oberst Dietmar Knebel erklärte dem Blatt: "Uns liegt im Fall des Betreffenden bisher keine offene Vollzugsanordnung vor."

Weltumarmender Eros

Der Fall Mauser wird seit ihrem Bekanntwerden von heftigen Debatten begleitet. Der Pianist hat zahlreiche Unterstützer in der Münchner Kulturszene, die ihm in Leserbrief-Kampagnen eine Extrawurst braten wollen und ihn zum Opfer interner Intrigen in der Musikhochschule und einer #MeeToo-Kampagne erklären. Im November erschien eine unter anderem von Dieter Borchmeyer herausgegebene akademische Festschrift zum 65. Geburtstag des Pianisten, Musikwissenschaftlers und Musikmanagers, deren Vorwort Mausers Straftaten mit einem "die Grenzen der ,bienséance' überschreitenden weltumarmenden Eros" erklärte.

Dass Mauser alle Rechtsmittel ausschöpft, um sich die Haft zu ersparen und seine Sicht auf die Dinge durchzusetzen, ist nicht nur sein gutes Recht, sondern eine Selbstverständlichkeit. Aber umgekehrt sollte nicht der Eindruck entstehen, dass man die Kleinen hängt und die Mittelgroßen laufenlässt, wenn sie nur trickreich genug agieren und über eine ausreichend lärmige Unterstützerszene verfügen.