AZ-Filmkritik

"Frühes Versprechen": Ein rätselhafter Held


Als der Sohn in die Armee eintritt, rechnet Mama mit seinem Aufstieg zum großen Kriegshelden: Pierre Niney und Charlotte Gainsbourg.

Als der Sohn in die Armee eintritt, rechnet Mama mit seinem Aufstieg zum großen Kriegshelden: Pierre Niney und Charlotte Gainsbourg.

Von Bernhard Lackner

Die französische Romanverfilmung "Frühes Versprechen" des schillernden Autors Romain Gary mit Charlotte Gainsbourg.

In Frankreich gilt Romain Gary als geheimnisumwittert. Ein Typ Mann, den es so heute nicht mehr geben könnte: Weltkriegspilot, Autor, Drehbuchschreiber, Filmregisseur und später sogar Diplomat. Gary schrieb unter verschiedenen Pseudonymen und brachte es so gleich zur zweimaligen Auszeichnung mit dem renommierten französischen Literaturpreis Prix Goncourt: 1956 für sein unter dem richtigen Namen publizierten Roman "Die Wurzeln des Himmels" und 1975 für "Du hast das Leben noch vor dir" unter dem Pseudonym Emile Ajar. Ein Skandal, der erst nach seinem Selbstmord 1980 die literarische Szene erschütterte.

Eric Barbier verfilmte jetzt eines der populärsten Bücher von Gary, den autobiografisch geprägten Lebensroman über die einzigartige Beziehung zwischen Mutter Nina und Sohn Romain. Pierre Niney, der schon als französischer Gaststudent im Ersten-Weltkriegsdeutschland in Francois Ozons "Frantz" überzeugte und als Modeschöpfer "Yves Saint Laurent" einen "César" als Bester Hauptdarsteller gewann, wird in Frankreich als eines der heißesten Talente der jüngren Generation gehandelt.

"Frühes Versprechen" ist geprägt von einer außergewöhnlichen Beziehung

Er ist das Herz des Films, wenn er als junger Kerl seine Identität sucht als Pole, Russe, Franzose und Jude. Ein Typ, der in Einsamkeit versinkt, Verletzbarkeit und Zähigkeit beweist in einem Universum aus Traurigkeit und Melancholie, Widerspruch und Wahnsinn.

Der 29-jährige Pierre Niney startete seine Karriere im Theater, in der berühmten Comédie Française, für ihn ist jeder Film wie eine Reise ohne Netz und doppelten Boden, wo er sich fallenlässt, dem Regisseur und seinen Vorstellungen anpasst. Dem Schauspieler gefiel an der Figur Romain Gary diese Mischung aus Lüge und Wahrheit, ein Mensch, der sich nicht einordnen ließ. So bleibt dessen Freitod nur 15 Monate nach dem Selbstmord seiner Ex-Frau und Nouvelle-Vague-Symbol Jean Seberg immer noch rätselhaft.

Eine besondere Herausforderung war es für Niney aber, an der Seite von Charlotte Gainsbourg zu bestehen, die als Übermutter im Film etwas Besonderes in ihrem Sohn Roamin Gary sah: ein Genie, das ganz nach oben musste, koste es, was es wolle. Der in die Fußstapfen Victor Hugos treten sollte. Die Mutter schaffte es mit ihrem Sohn vom damaligen russischen Wilna (dem heutigen litauischen Vilnius) quer durch das Vorkriegseuropa nach Frankreich und fand in Nizza eine Heimat.

Sie wacht über jeden Schritt des Sprösslings, lebt nur für ihn. Und lehrt ihn, dass es nur drei Dinge gibt, für die es zu kämpfen lohnt: eine Frau, die Ehre und Frankreich.

Romain sollte nach Deutschland - um Hitler zu töten

Niney, der starke Persönlichkeiten mag, findet so eine "Mutter-Sohn-Bindung mit Höhen und Tiefen, Schmerz und Sehnsucht" nicht einfach. Aber "ohne das mütterliche Drängen hätte er es nie geschafft. Und auch wenn es wehtut und wir Situationen nicht verstehen, manchmal brauchen wir Druck. Und hier stand die bedingungslose Liebe als Motor dahinter", so sein Résumé. Als der Sohnemann in die Armee eintritt, besucht die Mama ihn sogar am Standort, rechnet mit seinem Aufstieg zum großen Kriegshelden. Ihren verrückten Plan, Romain nach Deutschland zu schicken, um Hitler zu töten, lässt sie dann doch fallen. Für Niney ist das formidable Meisterwerk mit vielen Zeitsprüngen, aber voller Gefühl, tiefer Tragik und leichter Komik, ein weiterer Schritt auf der Karriereleiter.

Für das nächste Jahr plant Niney als Regisseur seinen ersten langen Spielfilm und übernimmt auch die Hauptrolle: "Eine Liebeserklärung an Humor und Komödie", mehr verrät er nicht. Nach Hollywood treibt es ihn nur bedingt: "Ich habe keine Lust, jahrelang von einem Casting zum anderen zu rennen und Klinken zu putzen. Wer mir ein Angebot machen will, weiß, wo er mich findet". Eine gesunde und pragmatische Einstellung.

Kino: Monopol (auch OmU) und Theatiner (OmU) Regie: Eric Barbier (Frankreich, 131 Min.)