Kinokritik

"Der geheime Roman des Monsieur Pick": Wenn Literatur ein Zirkus ist


Ah, was haben wir denn da! Literaturexperte Jean-Michel (Fabrice Luchini) hält den Hype um Henri Pick für eine unverschämte Marketingstrategie. Mit dem Spürsinn eines Bibliothekskenners will er der Sache auf den Grund gehen.

Ah, was haben wir denn da! Literaturexperte Jean-Michel (Fabrice Luchini) hält den Hype um Henri Pick für eine unverschämte Marketingstrategie. Mit dem Spürsinn eines Bibliothekskenners will er der Sache auf den Grund gehen.

Von Nina Caroline Zimmermann

Eine französische Komödie über Mythen des Buchmarkts: "Der geheime Roman des Monsieur Pick".

Ein unbelesener Typ als Literaturstar - und auch schon tot? Die aufgeblasenen Lektoren und Literaturkritiker, die Intellektuellen, die glauben, nur sie hätten das Wissen gepachtet, kriegen hier eins übergezogen. Heute reicht es einfach nicht mehr, nur ein Buch zu schreiben, um sich aus der Masse der Veröffentlichungen herauszuheben. Es muss um den Autor auch ein Geheimnis geben, einen Roman um den Roman sozusagen.

Und das genau scheint beim "literarischen Wunderkind", dem Pizzabäcker Henri Pick der Fall zu sein. Dessen Manuskript "Die letzten Stunden einer großen Liebe" entdeckt eine junge und ehrgeizige Verlegerin ausgerechnet in der "Bibliothek der abgelehnten Bücher" mit nie publizierten Werken in einem Gott verlassenen Kaff in der Bretagne.

"Der geheime Roman des Monsieur Pick": Fabrice Luchini in der Hauptrolle

Der Schreiber ruht schon einige Zeit auf dem Friedhof und wurde nie beim Lesen eines Buches ertappt. Nur einer macht den Hype um die Neuerscheinung und den Tanz um das verkannte Talent nicht mit: der gefürchtete Literaturpapst und Herr der Bücher Jean-Michel Rouche, eine Art französischer Marcel Reich-Ranicki.

Wenn er den Daumen hebt oder senkt, verkauft sich ein Buch oder landet im Altpapier. Mit der Tochter des Toten, einer belesenen Lehrerin, begibt er sich auf Spurensuche und erschüttert mit dem Resultat die Pariser Verlagsbranche und ihre eingebildeten Schwätzer.

Fabrice Luchini als quengeliger Möchte-Gern-Detektiv mit leichter Maigret-Anmutung kann hier exzessiv seiner persönlichen Lust an Literatur frönen, wobei manche Szenen allerdings mehr an Theater als an Kino erinnern.

Mit Camille Cottin als seiner Verbündeten, die wissen will, ob der Vater wirklich das Meisterwerk geschrieben hat, stimmt die Chemie. Erst sind die beiden Ermittler-Amateure sich spinnefeind, dann verbindet sie Sympathie und sogar leichte Liebelei.

Auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten

Wie Rémi Bezançon den Pariser Literaturzirkus und das kalkulierte Bestsellergeschäft in die Pfanne haut, die Eitelkeiten und riesigen Egos auf dem Künstlerparkett klug auseinandernimmt, macht höllisch Spaß. Weniger lustig ist die Erkenntnis, dass die Jagd nach Events und Enthüllungen zu Qualitätsverlust und Vereinheitlichung führt.

Die pointierten und ironischen Wortduelle funktionieren wie ein Ping-Pong-Spiel und treffen fast immer ins Schwarze.

Die Kulturindustrie und ihre Marketinggesetze bilden die Folie für diese kurzweilige Krimi-Komödie, die nie in einer wirklichen Anklage endet, sondern augenzwinkernd ein ganz spezielles Völkchen durchleuchtet und die nicht immer ernste Frage nach Wahrheit und Fiktion stellt.

Kino: Theatiner (OmU)

B&R: Rémi Bezançon (F, 101 Min.)