Pinakothek der Moderne

Bayerns frühes Faible für das Bauhaus


Auch das bunte Schiff gehört zu den Bauhaus-Hits. Es zeigt zudem gleich die pädagogischen Grundsätze der Kunstschule, nämlich die "schöpferische Selbstbetätigung als Grundlage des elementaren Lebensausdrucks". Neben verschiedenen Kinderzimmermöbeln hat die Studentin Alma Buscher im Jahr 1923 das Schiffbauspiel in einer großen und einer kleinen Version entworfen. Buscher legte großen Wert auf harmonische Proportionen und klare Einzelteile, die Kinder nicht verwirren. Das Gelb, Blau oder Rot sollte auch die "Farbfröhlichkeit" und damit die "Freudigkeit des Kindes" steigern. Material wurde bei der Herstellung sparsam verwendet, das Schiff konnte man aus zwei Holzleisten sägen. Heute nennt man das nachhaltig.

Auch das bunte Schiff gehört zu den Bauhaus-Hits. Es zeigt zudem gleich die pädagogischen Grundsätze der Kunstschule, nämlich die "schöpferische Selbstbetätigung als Grundlage des elementaren Lebensausdrucks". Neben verschiedenen Kinderzimmermöbeln hat die Studentin Alma Buscher im Jahr 1923 das Schiffbauspiel in einer großen und einer kleinen Version entworfen. Buscher legte großen Wert auf harmonische Proportionen und klare Einzelteile, die Kinder nicht verwirren. Das Gelb, Blau oder Rot sollte auch die "Farbfröhlichkeit" und damit die "Freudigkeit des Kindes" steigern. Material wurde bei der Herstellung sparsam verwendet, das Schiff konnte man aus zwei Holzleisten sägen. Heute nennt man das nachhaltig.

Von Robert Braunmüller / TV/Medien

Eine Ausstellung in der Pinakothek der Moderne zeigt: Der erste Direktor der 1925 gegründeten Neuen Sammlung hat direkt in Weimar und Dessau eingekauft

Wenn man László Moholy-Nagy glauben darf, dann stand München durchaus als Standort für das Bauhaus zur Debatte. Das heißt, 1925, als die heute legendäre Kunstschule Weimar aus politischen Gründen verlassen musste. Womöglich hat Moholy-Nagy, der Künstler und Assistent von Bauhaus-Direktor Walter Gropius, auch nur geblufft und versucht, Druck in Dessau aufbauen. Dorthin ist die Institution dann bekanntlich auch gezogen.

Aber man fragt sich natürlich schon: Was wäre aus dem Bauhaus in der Landeshauptstadt geworden? Womöglich hätte es noch früher dichtgemacht? Wobei durch die reformierte Debschitz-Schule und Richard Riemerschmid ja durchaus der Boden für gute Formen bereitet war. Und in München wurde 1925 auch der Bauhaus-Verlag vom Verlag Albert Langen fortgeführt. Es gab also Anknüpfungspunkte - und einen frühen,
vorausblickenden "staatlichen" Sammler.

sized

Berühmt war lange Zeit nur ihr Mann Josef Albers. Ein Fehler, denn Anni Albers hat Wandbehänge, Stoffe und Teppiche entworfen, die bis heute nichts von ihrer abstrakten Klasse eingebüßt haben und ein herrliches Pendant zur entsprechenden Malerei darstellen. Albers, die fast zehn Jahre am Bauhaus war, überließ bei ihren Textilien nichts dem Zufall, sie wurden exakt auf dem Papier vorbereitet. Fragil wie solche Objekte inzwischen sind, dürfen sie kaum noch auf Reisen gehen. Man sieht auch an den schmaleren Partien des Wandbehangs No. 175 von 1925, dass die verschiedenen Materialien Baumwolle, Seide, Chenille- oder Bouclégarn ganz unterschiedlichen Alterungsprozessen unterliegen.

sized

Auf diese Idee muss man erst einmal kommen: nämlich Schachfiguren nach der Art ihrer Spielzüge zu gestalten. 1924 stellte der Bildhauer Josef Hartwig seine auf abstrakte Formen reduzierten Spielsteine vor. Der Springer - normalerweise ein Pferd - bewegt sich rechtwinklig in Hakenform, also zeigt Hartwigs Version eine rechtwinklige Würfelanordnung. Und der Läufer, der diagonal zum Brett zieht, weist ein Schrägkreuz auf, das aus einem Würfel geschnitten ist. Hartwigs Schachspiel gehörte zu den erfolgreichsten Produkten des Bauhauses und wurde in drei Varianten hergestellt. Die Neue Sammlung besitzt die preisgünstigste mit einem Brett aus Pappkarton.

sized

Man will ja nicht mäkeln, aber Marcel Breuers Lattenstuhl "ti 1a" von 1923 war noch lange nicht so schwungvoll und lässig wie später der Wassily-Chair, diese viel kopierte Ikone des westlichen Sitzmobiliars mit der griffigen Serienbezeichnung "B 3". Das frühere Produkt war ja auch für eine Steuerkanzlei gedacht, gemütliches Zurücklehnen sollte bestimmt nicht angeregt werden. Wobei die Konstruktion deutlich an den berühmten Rietveld-Stuhl in Rot-gelb-blau erinnert, aber durch elastische Sitzflächen und Rückengurte natürlich um Vieles bequemer ist.

sized

Dieser wunderbar schlichte Schmuckanhänger wurde erst vor zehn Jahren wieder entdeckt - und zwar in der BR-Reihe "Kunst & Krempel". Es war Josef Straßer, der das besondere Stück von Bauhausmeister Naum Slutzky sofort erkannte. Der Design-Spezialist und langjährige Konservator an der Neuen Sammlung hat übrigens auch die hier in Teilen vorgestellte Bauhaus-Schau kuratiert. Vom Verbleib war deshalb nichts bekannt, weil Slutzky den Anhänger der Studentin Else Kleinwort geschenkt hatte und die Familie ihn bald 100 Jahre zu Hause aufbewahrte. Die Fachwelt kannte das zwischen 1920 und 1922 entstandene Objekt nur von einer alten Fotografie aus der Bauhauszeit. Mit der Verwendung von Rosenholz und Elfenbein, Zitrin und Silber öffnete Slutzky das alte Spektrum "edler" Materialien, aus denen Schmuck zu bestehen hatte. Entscheidend war die künstlerische Gestaltung. Und weil der Anhänger, der an einen Kompass erinnert, als vorbildlich galt, wurde er 1923 in der ersten großen Bauhaus-Schau in Weimar präsentiert. Das Unikat konnte durch Mittel der Siemens Kunststiftung für das Münchner Designmuseum angekauft werden.

sized

Eine Berühmtheit darf schon sein, obwohl die Leuchte von Wilhelm Wagenfeld mit Vorarbeiten durch Karl Jucker (1923/24) nicht erst jetzt im Jubiläumsjahr dauernd abgebildet wird. Aber die ästhetischen Kriterien des Bauhauses sind hier ganz trefflich erfüllt. Man empfindet Fuß, Schaft und Kuppel als formale Einheit, die Proportionen sind ausgewogen, und das lose Kabel wurde von Wagenfeld auch noch geschickt in den Glasschaft verbannt. Allerdings war die vor allem handwerklich hergestellte Leuchte ziemlich teuer, deshalb blieb ihr der Erfolg versagt. Zunächst.

Am Puls der Zeit

Günther Freiherr von Pechmann war Gründungsdirektor der Neuen Sammlung und wie der Titel andeutet: am Puls der Zeit. Er erwarb Keramik und ein großes Konvolut an Textilien - etwa von der fabelhaften Anni Albers oder Gunta Stölzl -, Metallgegenstände und Spielzeug. 40 Objekte dieser stattlichen Kollektion sind nun in die Ausstellung "Reflex Bauhaus" in der Pinakothek der Moderne gewandert.

Die Runde ist schon deshalb sehenswert, weil man ja doch dauernd die Wagenfeld-Leuchte im Kopf hat. Die steht auch - klein - im Zentrum. Außerdem haben fünf Künstler ausgesuchte Bauhaus-Objekte neu interpretiert. Bei der Modedesignerin Ayzit Bostan wird Breuers Lattenstuhl zur Liege, der Komponist Junya Oikawa hat sich zum Schachspiel von Josef Hartwig eine Soundinstallation ausgedacht. Dieser "Reflex" mag nicht in jedem Fall nachvollziehbar sein. Aber das passt auch wieder zum Bauhaus, diesem bis heute erstaunlichsten deutschen Experimentallabor.

Pinakothek der Moderne, bis 2. Februar 2020, Di bis So 10 bis 18, Do bis 20 Uhr; Katalog (Koenig Books London) 20 Euro