Experte klärt auf
Müll-Streit eskaliert - welche Rolle spielt Deutschland?
1. Juni 2019, 9:51 Uhr aktualisiert am 1. Juni 2019, 9:51 Uhr
Nach Malaysia schicken auch die Philippinen Abfallexporte aus den Industriestaaten zurück. Ein Experte erklärt, wie es um Deutschland steht.
Manila - Nach monatelangen diplomatischen Querelen schicken die Philippinen mehr als 1.300 Tonnen Müll nach Kanada zurück. Der Frachter "MV Bavaria" verließ am Freitag mit 69 Containern den philippinischen Hafen Subic Bay. Das Schiff, das unter der Flagge Liberias fährt, soll Ende nächsten Monats in Vancouver an der kanadischen Westküste ankommen.
Der Streit um den Müll beschäftigt beide Länder schon seit Monaten. Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte hatte Kanada deshalb sogar mit "Krieg" gedroht. Der Müll war bereits in den Jahren 2013/14 über viele Tausend Seemeilen hinweg durch den Pazifik nach Südostasien gebracht worden. Insgesamt handelte es sich um mehr als 100 Container mit Haushaltsmüll, darunter auch Plastikflaschen, Plastiktüten, Altpapier und gebrauchte Windeln. Nach philippinischen Angaben wurde alles fälschlicherweise als Plastikmüll deklariert. Der Abfall lagerte seither im Hafen von Subic Bay, etwa 80 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Manila.
Deutschland exportiert über eine Million Tonnen Plastikmüll
Die Philippinen sind längst nicht das einzige Land in Südostasien, das Müll aus Industrieländern aufnimmt. Inzwischen gibt es jedoch eine Protestbewegung. Erst vor wenigen Tagen kündigte Malaysia an, insgesamt 4.000 Tonnen Abfall in die Herkunftsländer zurückzuschicken. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace erklärte, die bekannt gewordenen Probleme seien "wahrscheinlich nur die Spitze eines Eisbergs".
Der Export von Müll wird zunehmend zum Krisenthema - und Deutschland mischt kräftig mit. Im Jahr 2018 hat die Bundesrepublik etwas mehr als eine Million Tonnen Plastikmüll exportiert, sagt Michael Meyer-Krotz von Greenpeace der AZ. Im Jahr 2017 waren es laut Umweltbundesamt etwa 1,2 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: In ganz Deutschland fielen 2017 knapp 6,15 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle an.
Der meiste Plastikmüll landet in Malaysia
Nachdem China Anfang 2018 einen Plastikmüll-Importstopp verhängte, habe es eine massive Verschiebung gegeben: Laut Meyer-Krotz schickte Deutschland 2017 noch knapp 340.000 Tonnen Kunststoffabfälle in das Land, nach dem Verbot "wurde das große Plastikmüll-Karussell angetreten", so der Experte. Derzeit sei auch für Deutschland Malaysia Müllexport-Anlaufstelle Nummer eins, mit 130.000 Tonnen im Jahr 2018. Auf den Plätzen dahinter lägen die Niederlande, Polen, Hongkong, Indonesien, Vietnam und seit Kurzem auch die Türkei.
Kein Wunder also, dass sich die malaysische Regierung inzwischen gegen die Abfallflut wehrt. Meyer-Krotz berichtet von Recherchen in dem südostasiatischen Land: Dort seien Äcker von Bauern gepachtet oder gekauft worden, auf denen der Plastikmüll ausgekippt und von billigen Arbeitern von Hand sortiert worden sei.
Verweigert Malaysia bald deutschen Müll?
Alles, was nicht mehr recycelbar gewesen sei, habe man vor Ort verbrannt - mit massiven gesundheitlichen Auswirkungen auf die Menschen. Dagegen sei die Regierung vorgegangen, um zu verhindern, dass das Land "die Müllkippe der Welt" würde.
Es sei gut möglich, so Meyer-Krotz, dass sich Malaysia künftig auch bei deutschen Müll-Importen verweigere. Durch die Exporte sei die Bundesrepublik zudem auch "indirekt mitverantwortlich" dafür, dass sich die Meere zunehmend mit Plastik füllten. Eine faire Art des Handels mit Plastikmüll? Das sei "eine Illusion", so der Greenpeace-Experte. Letztlich müsse die Müll-Ausfuhr komplett verboten und das Problem schon am Anfang gelöst werden - in den deutschen Deponien, wo sich der Plastikmüll bis an die Decke stapelt.
Lesen Sie auch: Vulkan auf Bali speit Asche zwei Kilometer in die Höhe