Kommt die Rezession?
Ifo-Geschäftsklima verschlechtert sich deutlich
26. September 2022, 12:43 Uhr aktualisiert am 26. September 2022, 12:43 Uhr
Steigende Preise, vor allem für Energie, und das Gegensteuern der Zentralbanken wirken sich immer mehr auf die Wirtschaft aus. Dabei sind noch nicht einmal die Auswirkungen der Pandemie überwunden.
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich angesichts des Ukrainekrieges und der Nachwirkungen der Pandemie deutlich verschlechtert. Das Ifo-Geschäftsklima fiel im September zum Vormonat um 4,3 Punkte auf 84,3 Zähler, wie das Münchner Wirtschaftsforschungsinstitut am Montag mitteilte. Das ist der niedrigste Stand seit Mai 2020. Experten hatten mit einer Eintrübung gerechnet, allerdings nur auf 87 Punkte. Schon in den Monaten zuvor hatte sich die Stimmung zumeist eingetrübt.
"Die deutsche Wirtschaft rutscht in eine Rezession", kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die befragten Unternehmen bewerteten sowohl ihre aktuelle Lage als auch die zu erwartende Entwicklung schlechter. Das Geschäftsklima trübte sich auch in allen betrachteten Sektoren ein, also in der Industrie, unter Dienstleistern, im Handel und im Baugewerbe. Im Einzelhandel seien die Geschäftserwartungen auf ein historisches Tief gefallen, erklärte das Institut.
Vielzahl von Krisen
Die deutsche Wirtschaft leidet unter einer Vielzahl krisenhafter Entwicklungen. Allen voran steht der Krieg Russlands in der Ukraine, der die Unsicherheit erhöht hat. Hinzukommen die Energiekrise, Probleme im Welthandel und steigende Leitzinsen, die Kredite verteuern. Außerdem ist die Pandemie nicht überwunden: Vor allem Chinas Anti-Corona-Politik sorgt immer wieder für Belastungen im Welthandel, etwa weil der Betrieb in Häfen oder Fabriken wegen Eindämmungsmaßnahmen gestört ist.
Die Industriestaatenorganisation OECD erwartet, dass die deutsche Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr um 0,7 Prozent schrumpft. Zugleich soll die Inflation mit 7,5 Prozent vergleichsweise hoch bleiben.
Auch Bankvolkswirte äußerten sich pessimistisch. "Kurzfristig lässt sich wegen anhaltend hoher Gas- und Konsumentenpreise, der Versorgungsunsicherheit, der geopolitischen Risiken und der steigenden Zinsen nicht erkennen, dass die Stimmung der deutschen Wirtschaft schon bald auf Erholungskurs geht", sagte Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen. An dem Plan der Europäischen Zentralbank, die Zinsen weiter zu erhöhen, werde sich kaum etwas ändern. Ein konjunktureller Abschwung werde in Kauf genommen.
Das Ifo-Geschäftsklima ist Deutschlands wichtigster konjunktureller Frühindikator. Es basiert auf einer monatlichen Umfrage unter etwa 9.000 Unternehmen.