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Briefprobleme: Behördenchef will sanktionieren können


Die Beschwerden über die Post haben stark zugenommen.

Die Beschwerden über die Post haben stark zugenommen.

Von Von Wolf von Dewitz, dpa

Monat für Monat werden etwa eine Milliarde Briefe in Deutschland befördert. Ein kleiner Teil von ihnen kommt nicht so schnell an wie erhofft, deswegen häufen sich Beschwerden bei einer Behörde. Deren Chef fordert den Gesetzgeber nun zum Handeln auf.

Wegen steigender Beschwerdezahlen über die Post hat der Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller ein schärferes Schwert für seine Behörde eingefordert. "Uns erreichen im Moment ungewöhnlich viele Beschwerden", sagte der Netzagentur-Präsident der Deutschen Presse-Agentur in Bonn. "Wir dringen auf eine zügige Verbesserung der Lage." Allerdings seien die gesetzlichen Möglichkeiten der Behörde bei verspäteten oder nicht zugestellten Briefen begrenzt. "Eine bessere gesetzliche Ausstattung mit Sanktionsmöglichkeiten würde uns helfen, um Missständen effektiver zu begegnen."

Damit die Post besser wird, würden aus Sicht von Müller verbesserte Auskunfts- und Berichtspflichten bei temporären Mängeln helfen. Dann könnte die Behörde gegebenenfalls Zwangs- oder Bußgelder verhängen. Die geforderten Änderungen könnten in der anstehenden Postgesetz-Reform beschlossen werden. "Eine verlässliche Postversorgung ist wichtig für uns alle", betonte Müller.

Von Juli bis September waren 11.500 Beschwerden über Post- und Paketdienstleister eingegangen, in den meisten Fällen ging es um die Briefzustellung der Deutschen Post. Der Dreimonatswert war höher als die Gesamtzahl aller Beschwerden im ersten Halbjahr (8900). Zählt man alle Beschwerden der ersten drei Quartale zusammen, so sind es schon jetzt ein Drittel mehr als im ganzen Vorjahr (15.100).

Hoher Krankenstand und Arbeitsmarkt als Problem

Die Post begründet die Probleme in den vergangenen Monaten mit einem hohen Krankenstand in Pandemiezeiten und mit dem angespannten Arbeitsmarkt. Man tue derzeit "alles, um weitere Mitarbeiter zu finden und hohe Ausfälle aufgrund von Corona zu kompensieren und so die gewohnte gute Qualität zu liefern", sagte eine Firmensprecherin. "Jeder verspätet ankommende Brief ist einer zu viel und dafür entschuldigen wir uns bei unseren Kunden."

Insgesamt stelle man immer noch mehr als 80 Prozent aller Briefe am nächsten Werktag und mehr als 95 Prozent nach zwei Tagen zu und erfülle damit den gesetzlichen Standard. "Sanktionen helfen uns in dieser herausfordernden Situation nicht." Stattdessen brauche man dringend eine Reform des Postgesetzes, die unter anderem die Effekte weiter sinkender Briefmengen berücksichtige.

Die Post-Sprecherin wies darauf hin, dass die Bundesnetzagentur bei der Obergrenze der von 2022 bis 2024 gültigen Briefporti nur eine Inflation von einem Prozent und Produktivitätssteigerungen angenommen habe, die in der Zustellung unrealistisch seien. Zudem kämpfe man mit aktuell stark schwankenden Mengen, da Kunden und Wettbewerber, die das Post-Netz mitnutzen, "teils unkalkulierbar hohe Mengen einliefern und so unser Zustellnetz destabilisieren".

2022: 44 Anlassprüfungen bei der Post

Müller sagte, man erkenne an, dass der Arbeitsmarkt und Corona die Postdienstleister wie andere Branchen auch vor besondere Herausforderungen stellten. "Dennoch gelten weiterhin die gesetzlichen und vertraglich vereinbarten Qualitätsanforderungen." Diese sollten möglichst schnell wieder erfüllt werden.

Bei gravierenden Mängeln leitet die Bundesnetzagentur eine sogenannte Anlassprüfung ein. Hierbei wird die Post aufgefordert, die Mängel schnell zu beseitigen. Hierauf muss das Unternehmen antworten. Mehr tun kann die Regulierungsbehörde nicht. 44 Anlassprüfungen führte die Regulierungsbehörde in diesem Jahr bereits durch, 2021 waren es im gesamten Jahr nur 16.

Aus der FDP-Bundestagsfraktion kam Unterstützung für Müllers Forderung. "Die Beschwerdezahlen steigen weiter, anstatt dass sie sinken", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Liberalen, Reinhard Houben. Die Post lasse entschlossene Maßnahmen vermissen, um das Problem anzugehen. "Der Konzern scheint die Situation offenbar nicht ernst zu nehmen." Houben ist dafür, Sanktionsmöglichkeiten in der anstehenden Postgesetz-Reform festzuschreiben. "Die Post ist quasi ein Monopolist - ohne drohende Sanktionen scheint es nicht zu klappen, dass sich dieser Konzern ändert." Die Post müsse für einen qualitativ hochwertigen Briefdienst sorgen, sagte Houben.

Experten sind allerdings skeptisch, ob so eine Sanktionsmöglichkeit etwas bringen würde. In dem Niedriglohnbereich der Sortierer und Zusteller sei es nun mal sehr schwierig, geeignetes Personal zu finden, sagte der Frankfurter Logistik-Professor Kai-Oliver Schocke. Für einen hohen Krankenstand in Pandemiezeiten könne die Post ebenfalls nichts. "Staatliche Regulierung würde die Situation nicht verbessern."

Bartsch fordert Wiederverstaatlichung der Post

Schocke wirbt dafür, dass der Logistikbereich eine größere Wertschätzung bekommt und die Beschäftigten besser bezahlt werden. "Der Brief, der schon am nächsten Tag im Briefkasten ist, gilt als Selbstverständlichkeit, und die Paketbeförderung nach einer Online-Bestellungen hat gefälligst gratis zu sein." So eine Sichtweise habe dazu geführt, dass zu wenig Geld im System sei und dass die Personaldecke in der ganzen Branche sehr dünn sei.

Unterdessen forderte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch angesichts der Beschwerdewelle gar eine Wiederverstaatlichung der Post. "Die Deutsche Post gehört in öffentliche Hand", sagte der Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der Bund solle zumindest wieder Mehrheitseigentümer der Post werden, um den Unternehmenskurs bestimmen zu können. Derzeit hält der Bund über die KfW ein Fünftel des Post-Grundkapitals. "Konzerngewinne und Kundenservice klaffen immer weiter auseinander", sagte Bartsch. "Es wird seit Jahren manches schlechter und vieles teurer bei der Post, gleichzeitig explodieren die Gewinne."

Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.