"Schland, oh Schland..."

Von Redaktion idowa

Am Samstag zum Knaller gegen Argentinien bin ich mit meinen Freundinnen in die Messehalle gefahren, um mir das Viertelfinalspiel anzusehen. Gutmütig wie ich bin, erkläre ich mich bereit, mit ihnen im Falle eines Sieges nach dem Spiel im Autokorso zu fahren. Das werde ich später noch bitter bereuen. Das Spiel selbst war der absolute Hammer. Als das plötzliche 1:0 in der dritten Minute fällt, bin ich bereits heiser und krieg mich nicht mehr ein. Am liebsten würde ich anfangen, zu heulen. Es ist einfach zu schön, um wahr zu sein. Nach 20 Minuten bin ich schon so erschöpft, dass ich mir wünsche, es würde kein Tor mehr fallen, nur um nicht nochmal hüpfen und schreien zu müssen. Hat wohl nicht geklappt: 2:0.

Mir ist heiß, meine mühevoll ins Gesicht gemalten Deutschland-Fahnen sind total verlaufen, meine Haare kleben im Nacken und meine Füße tun weh. Als das 3:0 fällt ist mir dann schließlich alles egal. Ich schreie, hüpfe, umarme, schlage mit meinen Deutschlandflaggen um mich und verletze damit peinlicherweise meinen Hintermann. Doch dem ist es auch egal. Alles ist egal. Deutschland führt 3:0. Das war's. Oder auch nicht? Ich schließe einen Moment die Augen und leere mit großen Schlucken meinen Maßkrug, als plötzlich alle aufspringen. Ich traue meinen Augen nicht: 4:0. Mit dem Schlusspfiff sind wir nicht mehr zu halten. Wir lassen unseren Gefühlen freien Lauf und drehen dabei total ab. Die Messehalle bebt. Die Massen stürmen zum Ausgang, unter ihnen ich mit meinen Freundinnen. Wir freuen uns auf den Autokorso, vor allem ich, es ist schließlich mein erstes Mal.
Endlich im Auto sitzend öffnen wir alle Fenster und das Verdeck - ich habe Gott sei Dank ein Cabrio. Ich fahre los, die Hitze ist nahezu unerträglich, aber das Gefühl ist einfach nur geil. Meine Freundinnen stehen zu dritt auf der Rückbank und schwenken die Fahnen. Nach 500 Metern stehen wir bereits im Stau. Für weitere 500 Meter brauchen wir eine halbe Stunde. Ich werde ungeduldig und beneide meine Freundinnen, die ihre Köpfe in den Fahrtwind halten können, wenn mal einer da ist. Die Hitze macht mir zu schaffen und ich werde unachtsam. Im Auto vor mir sitzen zwei Typen im Kofferraum. Ich passe nicht auf und fahre ihnen fast die Füße ab. Jetzt haben sie Angst vor mir, verständlicherweise. Eine weitere Viertelstunde vergeht und ich befinde mich immerhin schon nicht mehr am Startpunkt. Ich will nur noch nach Hause, doch alles staut sich, weil jeder in die Innenstadt will. Nach einer weiteren halben Stunde bin ich mit den Nerven am Ende und wechsle auf gut Glück einfach mal auf die rechte Spur, die die ganze Zeit über leer ist. Und was muss ich feststellen: Der ganze Weg ist frei, da alle Autos in Richtung Stadtplatz wollen, und ich schon längst hätte fahren können. Eine Stunde habe ich umsonst in dieser nicht enden wollenden Kolonne verbracht. Es ist so bescheuert, dass ich fast wieder lachen muss. Letztendlich hat's doch Spaß gemacht. Nur eins ist sicher: Das war das erste und das letzte Mal.

> HIER GEHT'S ZU STEFFIS KOLUMNE