Ein Superstar als Banknachbar
Florian Wende trifft Rea Garvey beim Pausenhofkonzert
16. Oktober 2014, 17:11 Uhr aktualisiert am 16. Oktober 2014, 17:11 Uhr
Ich stehe neben einigen Leuten, die Absperrungen aufbauen. Ein paar andere kontrollieren die Bühne. Es regnet leicht. Ich sehe mich um: Noch ist der Pausenhof der Herzog-Tassilo-Realschule in Dingolfing komplett leer. Doch lange wird das nicht mehr so sein. Es ist neun Uhr morgens. In einer halben Stunde wird Rea Garvey den Pausenhof rocken.
Warum ein Superstar an einer Schule spielt? Die Herzog-Tassilo- Realschule hat das Antenne-Bayern-Pausenhofkonzert gewonnen. Am Dienstagmittag erfuhren die Schüler und Lehrer davon. Doch erst am Mittwochmorgen gab Antenne Bayern bekannt, wer auf dem Pausenhof auftreten wird.
Auch ich weiß am Mittwochmorgen beim Zähneputzen immer noch nicht, welchen Star ich in Dingolfing treffen werde. Auf dem Weg zur Realschule höre ich das Radioprogramm und plötzlich heißt es: "Rea Garvey ist der Star auf dem Pausenhofkonzert!" Rea Garvey? Der ehemalige Frontman der Band "Reamonn"? Der Juror von "The Voice of Germany"? Ich bekomme ein beklemmendes Gefühl - diesen Superstar darf ich womöglich persönlich treffen. Was soll ich ihn fragen? Wie wird er reagieren, wenn er von einem blutjungen Volontär interviewt wird? Während der restlichen Autofahrt überlege ich mir fieberhaft Fragen an den Superstar.
"Liebe Schülerinnen und Schüler, heute ist ein besonderer Tag..." - so beginnt um 9.15 Uhr die Durchsage der Schulleiterin. Es regnet immer noch leicht. Ich habe mittlerweile einen guten Platz hinter einer der Absperrungen gefunden, wo ich sowohl zur Bühne als auch zu den Zuschauern sehen kann. Kurze Zeit später öffnen sich die Türen zum Pausenhof und die Schülerinnen und Schüler stürmen hinaus in Richtung der Absperrungen. Nach nicht mal einer Minute ist der Pausenhof voll.
Um halb zehn betritt Rea Garvey die Bühne. Die Jugendlichen toben und applaudieren. "Wie geht's euch?", begrüßt der Superstar die Schüler. Tosendes Geschrei ist die Antwort. Dem Sänger geht es auch gut, denn "Irland ist Weltmeister", verkündet er. Die Schüler schauen sich verwundert an und auch ich überlege. Irland war doch bei der Weltmeisterschaft in Brasilien gar nicht dabei. Doch der Musiker klärt uns auf: "Wir haben ja am Dienstag gegen den Weltmeister Deutschland 1:1 unentschieden gespielt - das ist ja quasi gewonnen! Deswegen sind wir Weltmeister!" Die Schüler und ich lachen. Rea Garvey ist mir sofort sympathisch. Dann legt der irische Sänger auch schon los und als hätte das gute Wetter auf den Musiker gewartet, hört es auf, zu regnen und die Sonne kommt zwischen den Wolken hervor. Der Musikstar beginnt mit dem Song "Can't say no" und wir singen und klatschen begeistert mit. Hinter den Schülern haben sich einige Lehrer versteckt. Manche tanzen begeistert mit.
Rea Garvey hat soeben seinen Welthit "Supergirl" beendet und kündigt sein letztes Lied an. Ich sehe auf die Uhr - schon kurz vor Zehn. Kurze Zeit später ist die Pause und somit das Konzert vorbei. Die Schüler und ich verabschieden Rea Garvey mit tosendem Applaus und Geschrei. Er verlässt die Bühne und der Pausenhof leert sich - die Schüler gehen zurück in den Unterricht.
Jetzt wird's ernst für mich: Ich mache mich auf den Weg in den Presseraum, wobei Presseraum ein wenig übertrieben ist: Der Presseraum ist ein einfaches Klassenzimmer im Erdgeschoss. Ein Mann aus dem Organisationsteam erklärt mir, dass Rea nun eine kurze Pause nach dem Konzert mache und anschließend noch anderen Reportern Fragen beantworte. Dann endlich dürfe ich den Superstar interviewen. Nervös warte ich im Klassenzimmer auf den irischen Sänger. Soll ich ihn duzen oder siezen? Ich entscheide mich für die höflichere Form und gehe meine Fragen noch einmal durch. Ich habe sie heute morgen noch schnell im Auto auf einen Zettel gekritzelt. Gut vorbereitet sieht für so einen Superstar wahrscheinlich anders aus.
Das Öffnen der Tür reißt mich aus meinen Gedanken und da steht er mit einem Lächeln vor mir: Rea Garvey. Ich springe auf. Er hat einen festen Händedruck und ich spüre seine Ringe an den Fingern in meine Hand drücken. Wir setzen uns gegenüber an einen Schultisch im Klassenzimmer. Ich bin etwa einen Meter von ihm entfernt.
Rea gibt's nur bei gutem Wetter
Ich bitte ihn zunächst um ein Autogramm, das er mir gerne gibt, und beginne dann mit meiner ersten Frage: "Wann sind Sie heute aufgestanden?" Der Sänger lacht und antwortet: "Ich bin um Dreiviertel Acht aufgestanden und war um Acht schon hier. Ich bin quasi durch die Dusche gesprungen!" Ich lache mit ihm und meine Nervosität ist schnell verflogen - das Eis ist gebrochen. Ruhig und routiniert antwortet mir der 41-Jährige auf die nächsten Fragen. Er erzählt mir, dass er noch nie bei Regen gespielt hat - auch heute hat der Regen ja aufgehört. Ich frage verwundert nach, ob er denn nicht in seiner Heimat Irland bei Regen gespielt hat, doch er lacht und verneint. Flott schreibe ich seine Antworten mit und hoffe, nichts zu vergessen und mein Gekritzel später in der Redaktion wieder entziffern zu können. Nach etwa zehn Minuten weist mich eine Frau aus seinem Management darauf hin, dass ich zum Ende des Interviews kommen soll. Ich stelle meine abschließende Frage, bedanke mich und verabschiede mich von dem Sänger, wieder drücken seine Ringe an den Fingern in meine Hand. Rea Garvey verlässt den Raum. Ich sitze immer noch an dem Schultisch. Ich kann es selbst noch gar nicht fassen - ich habe Rea Garvey interviewt. Am Ende des Vormittags bleibt mir nur in bester Rea-Garvey-Manier zu sagen. Es war: "Unfuckingfassbar, rockfuckingtonic und unfuckingglaublich!"