[Frei]stunde!

"Das Leben ist mit einer frühen Schwangerschaft nicht vorbei"


Ingrid Pfreimer von pro familia.

Ingrid Pfreimer von pro familia.

Von Redaktion idowa

Morgendliche Übelkeit, die Periode ist überfällig und dazu das unsichere Gefühl: "Bin ich etwa schwanger?" Für viele Betroffene, gerade wenn man noch sehr jung ist, vielleicht noch zur Schule geht oder gerade eine Ausbildung begonnen hat, zuerst ein Schock. Aber überall im Verbreitungsgebiet gibt es Beratungsstellen, wo man im Fall einer ungewollten Schwangerschaft schnell und professionell Hilfe bekommt. Eine davon ist pro familia in Regensburg. Hier arbeitet die Sozialpädagogin Ingrid Pfreimer. Im Interview mit der Freistunde erzählt sie über ihren Arbeitsalltag und erklärt, wieso schnelle Hilfe und Unterstützung so wichtig sind.
Freistunde: Was genau ist eigentlich pro familia?
Ingrid Pfreimer: Pro familia ist eine staatlich anerkannte Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen. Zu uns kommen unter anderem junge Frauen, die ungewollt schwanger sind und Rat und Hilfe brauchen. Die Beratung ist kostenlos und erfolgt auf Wunsch auch anonym. Außerdem ist sie ergebnisoffen. Das heißt, wir gehen mit den Betroffenen beide Möglichkeiten durch: Was passiert, wenn ich mich für das Kind entscheide und was, wenn ich einen Schwangerschaftsabbruch möchte. Außerdem gehen wir auch an Schulen und sprechen dort, je nach Altersgruppe, über Themen wie Freundschaft, Gefühle, Pubertät und Sexualität.

Wie muss man sich so eine Beratungsstunde vorstellen?
In der Regel wird vorab telefonisch ein Termin vereinbart. Viele Betroffene bringen dann eine Freundin, den Partner oder die Eltern mit. Wie die Beratung abläuft hängt davon ab, wie klar sich die Schwangere schon darüber ist, was sie tun möchte. Wenn sie schon weiß, dass sie das Kind behalten möchte, stehen oft Fragen der finanziellen Absicherung im Vordergrund. Also zum Beispiel, welche finanziellen Hilfen es überhaupt gibt und an wen sie sich dafür wenden müssen. Viele sind aber oft einfach total durcheinander und wissen erst einmal nicht, wie es weitergehen soll oder wie sie es zum Beispiel ihren Eltern sagen sollen.

Was tun Sie dann?
Wir versuchen, die Mädchen zu beruhigen und ihnen deutlich zu machen: Auch mit einer frühen Schwangerschaft ist das Leben nicht vorbei. Dennoch ist es natürlich eine Entscheidung, die das ganze Leben verändert und gut überdacht werden muss. Wir wollen zeigen, dass es immer Hilfe und Unterstützung gibt, egal, wie man sich entscheidet. Ganz wichtig ist aber, dass das Mädchen freiwillig und von sich aus eine bestimmte Entscheidung trifft und nicht auf Druck von Eltern oder Partner. Bei großen Problemen mit dem Elternhaus bieten wir auch an, bei einem ersten Gespräch dabei zu sein.

Und was passiert, wenn ein Mädchen einen Schwangerschaftsabbruch haben möchte?
Bis zur zwölften Woche ist ein Schwangerschaftsabbruch straffrei, wenn man zuvor an einer anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatung beispielsweise bei uns teilgenommen hat. Wir beraten über die verschiedenen Methoden, an welche Ärzte man sich wenden muss und so weiter. Viele sind auch unsicher, welche medizinischen Folgen ein derartiger Eingriff haben kann. Ob sie also beispielsweise anschließend wieder schwanger werden können. Auch hier helfen wir weiter. In der Regel kann man übrigens nach einem Schwangerschaftsabbruch später wieder problemlos schwanger werden.

Wie gut informiert sind die Jugendlichen heutzutage über Sexualität?
Grundsätzlich sind die Jugendlichen sehr gut informiert. Das zeigt auch eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Die belegt, dass die Zahl der Jugendschwangerschaften rückläufig ist. Deutschland hat zusammen mit den Niederlanden und Belgien hier die niedrigste Rate. Gegenwärtig werden in Deutschland nur sieben bis acht von 1000 Frauen im Alter von 15 bis 17 Jahren schwanger. Aber natürlich gibt es auch immer wieder Jugendliche, die sehr schlecht oder lückenhaft informiert sind.

Was raten Sie jungen Frauen, die aktuell gerade schwanger sind oder befürchten, schwanger zu sein?

Ganz wichtig ist, dass sie so schnell es geht zu einem Gynäkologen gehen, um eine eventuelle Schwangerschaft hundertprozentig abzusichern. Und dann gilt: Nicht den Kopf in den Sand stecken und sich Hilfe holen. Das ist sowohl persönlich, telefonisch als auch online möglich. Die jungen Frauen sollen wissen, dass es nicht schlimm ist, wenn man anfangs unsicher ist. Eine Beratung in Anspruch zu nehmen ist kein Zeichen von Schwäche.