Gesundheit
Bei Crystal gibt es kein Probierstadium
12. Januar 2012, 16:35 Uhr aktualisiert am 12. Januar 2012, 16:35 Uhr
"Crystal Speed" - eine Droge, die noch schlimmer sein soll als Heroin! Dennoch gilt sie vor allem unter Jugendlichen als cool, der Schmuggel im deutsch-tschechischen Grenzgebiet boomt. Doch Polizeihauptkommissar Christian Pongratz, Drogenfahnder am Grenzübergang in Furth im Wald im Landkreis Cham, warnt: "Bei Crystal gibt es kein Probierstadium. Schon beim ersten Mal besteht die Gefahr abhängig zu werden!" Im Gespräch mit ihm und Ludwig Kreitl, dem stellvertretenden Leiter der Polizeiinspektion Furth, wollte Freistunde herausfinden, was Crystal Speed so gefährlich macht.
Das böhmische Grenzland wird verstärkt zum Drogenumschlagplatz, die Konsumenten sind oft Jugendliche. Das synthetische Rauschgift Crystal wird auf den sogenannten Vietnamesen-Märkten gleich hinter der deutsch-tschechischen Grenze bei Furth im Wald sehr billig verkauft. Größtenteils in illegalen tschechischen Laborküchen in Hinterhöfen hergestellt, weiß keiner, was wirklich drin ist. Und genau das macht die Droge so gefährlich.
Gewinner ist, wer beim ersten Mal "Nein" sagt!
Die Wirkung eines chemischen Aufputschmittels einfach mal auszuprobieren, übt einen enormen Reiz aus. Oft stecken Neugierde, Gruppenzwang, der Druck, dazugehören zu wollen, oder die erste große Liebe dahinter. Egal welche Beweggründe zum Crystal-Konsum verleiten, schon nach einer Dosis besteht die Gefahr, nicht mehr davon loszukommen! Christian Pongratz: "Gewinner ist derjenige, der es schafft, beim ersten Mal 'nein' zu sagen!" Wem dies nicht gelingt, dessen Leben wird sich rapide ändern. Crystal ist so aggressiv, dass es den Körper regelrecht zerfallen lässt.
Der Fahnder weiß wovon er spricht, er kennt viele Crystal-Abhängige, die mit den Langzeitfolgen zu kämpfen haben: extremer Gewichtsverlust innerhalb kürzester Zeit, Ausfall der Zähne, Psychosen und Wahnvorstellungen, schwere Amphetamin-Akne sowie Schäden im Gehirn. Wie schwer es ist, die Sucht zu besiegen, verdeutlicht Pongratz: Crystal-Abhängige kommen in die Polizeidienststelle an der Further Grenze und bitten um Hilfe. Die Beamten sollen sie festnehmen und von der Fahrt nach Tschechien abhalten, sobald sie sich an der Grenze rumdrücken. Alleine schaffen sie es nicht!
Abgesehen von den körperlichen und den seelischen Folgen drohen auch strafrechtliche Konsequenzen. Drogenbesitz, -erwerb und -handel sind in Deutschland strafbar. Die Strafanzeige wird von Polizei oder Zoll an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Selbst wenn das Strafverfahren gegen Auflagen (zum Beispiel Sozialstunden) eingestellt wird, ist der Täter für längere Zeit in Polizei- und Justizdateien gespeichert.
Erwerb des Führerscheins ist in Gefahr
Zudem ist vielen nicht bewusst, dass schon der bloße Besitz von Rauschgift Probleme beim Erwerb des Führerscheins bereiten kann. Werden Jugendliche mit Drogen erwischt, wird dies der zuständigen Führerscheinstelle gemeldet. Zur Führerscheinprüfung werden sie erst zugelassen, wenn sie nachweisen können, dass sie "dauerhaft drogenfrei" sind. Christian Pongratz bekommt immer wieder zu hören, Drogenkonsum sei einfach nur cool. Seine Antwort: "Es ist aber uncool, mit 20 Jahren immer noch mit dem Fahrrad zu seiner Freundin zu fahren!"
Der Polizeibeamte warnt vor weiteren "Nebenstrafen": Der Besitz auch nur geringer Mengen von Rauschgift am Arbeitsplatz kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. In der Schule mit Drogen erwischt zu werden, kann bedeuten, der Schule
verwiesen zu werden.
Eine nicht zu unterschätzende Gefahr ist die Beschaffungskriminalität: Drogenkonsumenten rutschen schnell in die Kriminalitätsspirale ab, um die Sucht zu finanzieren. Diebstahl aus dem Geldbeutel der Eltern, Ladendiebstahl, Einbrüche, selber Dealen - die Intensität der Taten nimmt kontinuierlich zu.
Christian Pongratz appelliert deshalb an alle Jugendlichen: "Seid euch der Folgen des Drogenkonsums bewusst, sowohl strafrechtlich als auch gesundheitlich. Ehe man sich versieht, gerät man in die Abhängigkeit. Sie zu überwinden, ist viel schwerer, als bereits beim ersten Mal 'nein danke' zu sagen."