Neukirchen beim Heiligen Blut
Neukirchen steht unter Wasser
25. Juni 2016, 23:14 Uhr aktualisiert am 25. Juni 2016, 23:14 Uhr
Schwer erwischt hat es die Gemeinden Neukirchen beim Heiligen Blut und Arrach. Stundenlanger Starkregen ließ in den Gemeinden Frey- und Kleßbach über die Ufer treten. Fast 400 Feuerwehrler waren ab Samstagabend unterwegs, um ihre Mitbürger vor größeren Schaden zu bewahren. Menschen blieben unverletzt, allerdings bewegt sich der Sachschaden nach ersten Schätzungen im Millionenbereich.
Bei einer ersten Rundfahrt durch die Gemeinde am Sonntagmorgen hat sich Bürgermeister Markus Müller ein Bild von der Lage gemacht. Häuser von Bürgern in der Lamer- und Freybachstraße sowie den Ortsteilen Walching und Atzlern, haben die Wassermassen stark in Mitleidenschaft gezogen. Im höhergelegenen Ortsteil Höllhöhe ist ein Haus vom Einsturz gefährdet, die betreffende Familie kam während der Nacht bei Nachbarn unter, informierte Müller. Insgesamt sind in Neukirchen rund 100 Häuser vom Hochwasser betroffen, ist seine erste Einschätzung. Er setzt den Schaden im Millionenbereich an.
Feuerwehr evakuiert Fest
Die Auswirkungen des abendlichen Unwetters zogen auch die gemeindliche Infrastruktur stark in Mitleidenschaft, teilte der Rathaus-Chef mit. Mehrere Kilometer Gemeindestraßen sind unterspült, teils existieren nicht einmal mehr Bankette. Leerrohre, die zum Ausbau des DSL-Netzes verlegt wurden, hat es schlicht aus den dafür vorgesehenen Gräben geschwemmt. In Richtung des Ortsteils Lamberg grub sich das Wasser in den Gräben bis in eine Tiefe von zwei Metern. Ein Bushäuschen auf Höhe Dammermühle riss der Schicherbach einfach um.
Um Verständnis bat Müller indes die Besucher des Hallenfestes vom ASV Mais. Umgehend habe dieses evakuiert werden müssen. Die Feuerwehreinsatzleitung befürchtete eine Wiederholung des Szenarios von vor 25 Jahren. Beim Hochwasser 1991 trat der Kaltenbach an dieser Stelle über die Ufer, brachte sogar die Brücke dort zum Einsturz. Heuer war der Bereich um den Bolzplatz und der Reitanlagen aufgrund anderer Umstände nicht so stark betroffen. Doch wäre es anders gekommen, hätten sich viele Menschen ganz schnell und akut in Gefahr befunden.
Doch anders als zum Hochwasser Anfang der 1990er-Jahre kam das Wasser 2016 aus Richtung Hohenbogen. Tradt- und Klapfenbach entwickelten sich zu reißenden Flüssen. Der Freybach trat in wenigen Minuten über die Ufer, überschwemmte die Ursiedlung Walching. 200 Feuerwehrleute unter dem Kommando von Kreisbrandmeister Werner Bartl pumpten in Lamer- und Freybachstraße Keller leer und verteilten Sandsäcke. Sie waren die ganze Nacht unterwegs und auch noch am Sonntagmorgen. Für das professionelle Vorgehen der Einsatzkräfte aus dem nahen und fernen Umland unter Bartls Ägide, hatte Neukirchens Bürgermeister nur Lob übrig.
Unter den Neukirchnern herrschte indes tiefe Betroffenheit über das Hochwasser. Es hinterließ eine Schneise der Verwüstung am Uferweg, im Bereich Bader- und Theresienplatz. Etwa zwei Stunden dauerte der Spuk, gegen Mitternacht begannen schon erste Aufräumarbeiten. Andauernder Starkregen hatte am späten Samstagabend in Neukirchen Bäche rasend schnell anschwellen lassen.
Zunächst standen auch die Feuerwehren dem Geschehen hilflos gegenüber, bis sie endlich eingreifen konnten. Via Facebook teilte sie mit: "Hochwasser. Für alle Bürger: Wir kommen momentan selbst nicht durch. Stehen aber bereit, sobald sich die Lage entspannt wird geholfen!" Und sie hatten jede Menge zu tun. Daher unterstützten die Stützpunktfeuerwehr zahlreiche Feuerwehren aus dem nahen und fernen Umland.
Erinnerungen kommen hoch
Ein Kamerad der Wehr meinte angesichts der katastrophalen Lage, jetzt sei der Schlamassel wieder da. Damit spielte er auf die Ereignisse vor fast genau 25 Jahren an. Am 1. August 1991 suchte ebenfalls eine plötzlich auftretende Flutwelle die Marktgemeinde heim. Damals verloren drei Menschen ihr Leben. Auch damals kam das Wasser innerhalb weniger Minuten, stand teils bis unter die Decke des Erdgeschosses einiger Häuser im Ortsteil Walching. Ganz so schlimm sei es dieses Mal nicht gewesen, schilderte ein Anwohner, der schon kurz nach Mitternacht mit groben Aufräumarbeiten beschäftigt war. Denn so schnell wie das Wasser gekommen war, so schnell war es wieder aus den Straßen verschwunden.. Ein ähnliches Bild ergab sich in Neukirchens Nachbargemeinde Arrach. "Ganz schlimm" habe es seine Gemeinde erwischt, ließ Bürgermeister Sepp Schmid wissen. Aber auch in Lam und Hohenwarth waren die Feuerwehren im Einsatz.
In Arrach waren mehr als 150 Feuerwehrleute der Nacht im Einsatz, um Hab und Gut ihrer Mitbürger vor größeren Schaden zu bewahren. Zahlreichen Bürgern wurden Sandsäcke bereitgestellt um das Eindringen der Wassermassen in die Gebäude zu verhindern. Besonders der Kleßbach in Arrach führte im Bereich der Ahorn- und der Eckstraße zu starken Überflutungen.
Das Wasser schwemmte "Pflastersteine wie Bälle" durch die Straßen, berichtete Kreisbrandinspektor Michael Stahl. Die Staatsstraße zwischen Arnbruck und Arrach musste wegen der Gefahr durch umstürzende Bäume und Überflutung einige Stunden gesperrt werden.