Regensburg/Laberweinting

Zahnärztin zu neun Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt


Das Gericht schenkte der Schilderung der Angeklagten keinen Glauben - und verurteilte sie zu neun Jahren Haft. (Symbolbild)

Das Gericht schenkte der Schilderung der Angeklagten keinen Glauben - und verurteilte sie zu neun Jahren Haft. (Symbolbild)

Von dpa/lby

Mit einem Folterwerkzeug erdrosselt eine Zahnärztin ihren Ehemann, entfernt ihm die Zahnprothese und legt die Leiche nackt in einem Wald in Tschechien ab. Es ist das gewaltsame Ende einer vergifteten Beziehung.

Sie wollte nicht mehr seine "Cheerleaderin" sein. So hat eine Münchner Zahnärztin ihre Ehe beschrieben, aus der sie offenbar keinen anderen Ausweg sah, als ihren Mann zu töten. Am Ende eines von regem Besucherandrang begleiteten Prozesses vor dem Landgericht Regensburg ist die Frau des Totschlags schuldig gesprochen worden. Der Vorsitzende Richter Michael Hammer verurteilte sie am Freitag zu neun Jahren Haft. Angeklagt war sie wegen Mordes aus Habgier. Die Frau hatte sich auf Notwehr berufen. Ihre Anwälte plädierten deshalb auf Freispruch beziehungsweise alternativ auf fünf Jahre Haft für Totschlag in einem minderschweren Fall.

Die Leiche des Mannes war kurz nach der Tat Ende 2018 in einem Wald in Tschechien gefunden worden. Dem Toten fehlte die Zahnprothese, was die Identifizierung erschwerte. Im Prozess hatte sich die 61-jährige Angeklagte nicht zu den Vorwürfen geäußert, jedoch in polizeilichen Vernehmungen nach ihrer Festnahme sowie gegenüber der Psychiaterin im Gefängnis. Zusammen mit den Aussagen etlicher Zeugen im Verlauf des Prozesses ergibt sich das Bild einer zunehmend zerrütteten Ehe und eines verhaltensauffälligen Mannes.

Die Angeklagte sei "zweifellos eine beeindruckende Frau", so der Richter. Tatkräftig, eine Macherin, die nicht mit dem silbernen Löffel im Mund zur Welt gekommen sei und bereits zwei Scheidungen hinter sich habe. Der Loslösungsprozess vom dritten Ehemann habe wohl schon im Frühjahr 2018 nach einer Kur der Frau im Bayerischen Wald begonnen, als sie nicht die "Cheerleaderin" habe spielen wollen, die ihn zu unterhalten und zu bewundern hatte und ihr der Mann zunehmend weniger bewundernswert erschienen sei.

Gegenüber der Polizei und der Psychiaterin hatte die Frau die Tat geschildert, wie sie sich aus ihrer Sicht zutrug. Im Schrank ihres Mannes fand sie demnach im November 2018 zwischen Handtüchern eine Garrotte, ein Würgeisen, und fürchtete um ihr Leben. Einige Tage später will sie ihren Mann in dessen Schlafzimmer auf das Folterwerkzeug angesprochen haben, woraufhin er es ihr um den Hals gelegt habe, um sie zu töten. Sie habe sich gewehrt und ihn erdrosselt. Eine Version, der der Richter nicht folgte. Hätte sie sich vor ihrem Mann gefürchtet, wäre sie nicht alleine mit der Garrotte in dessen Zimmer gegangen.

Zudem zeigten zahlreiche Internet-Recherchen der Frau, dass sie sich bereits vor der Tötung mit dem Thema befasste. So suchte sie bei Google unter anderem nach Exekutionsmethoden, Berichten über das Verbrennen von Leichen und beispielsweise nach einem Artikel mit dem Titel "Mit 60 noch einmal durchstarten". Nach der Tat habe sie ihre Intelligenz - laut Gutachten knapp an der Hochbegabung - und ihr Charisma eingesetzt, um ihre Umwelt zu belügen, sagte der Richter.

Die Frau habe sich ein Netz an Lügen ausgedacht, zahlreiche Mails und Handynachrichten verschickt und über das Verschwinden ihres Mannes gerätselt. Die Leichtigkeit und Ungerührtheit, mit der sie das tat, sei befremdlich, so der Richter. So habe sich die Ärztin gegenüber Dritten beschwert, dass ihr ihr Mann nicht zum Geburtstag gratulierte und später darüber spekuliert, warum wohl Tücher neben der inzwischen im Wald gefundenen Leiche abgelegt worden seien. Die Tücher hatte die Frau selbst in Öl getränkt, um die Leiche zu verbrennen - was aber scheiterte.

"Wir sind uns sicher, dass sie nicht tötete, um sich gegen einen Angriff zu verteidigen", bilanzierte der Richter. Sie habe ihren Mann "ohne rechtfertigenden Grund" getötet, danach die Videoüberwachung der Villa ausgeschaltet, die Zahnprothese entfernt und die Leiche nach Tschechien gefahren. Weder gegenüber der Polizei noch gegenüber der Psychiaterin habe die Frau Abwehrhandlungen ihres Mannes geschildert. Anders als die Staatsanwaltschaft sah das Gericht jedoch das Mordmerkmal der Habgier nicht als gegeben an und verurteilte die Frau wegen Totschlags. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.