Bayern

"Wir Ukrainer sind ein Fotovolk"

Eine neue Ausstellung im KVR zeigt Ukrainer, die nun in München leben. Die Stadt schaut auf ein bewegtes Jahr mit viel Improvisation zurück.


Arina Odarenko ist Balletttänzerin.

Arina Odarenko ist Balletttänzerin.

Von Carmen Merckenschlager

München - Mehr als 19 674 Menschen haben sich seit Kriegsbeginn in der Ukraine im Bürgerbüro in München angemeldet. Nicht nur eine Herausforderung für jeden einzelnen Menschen auf der Flucht steckt dahinter, auch die Behörden sahen sich mit einer Situation konfrontiert, die viel Engagement und Planung erforderte.


Das KVR zog gestern Bilanz: Die Ausländerbehörde hat bislang 16 910 Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz erteilt. Gemeinsam mit dem Bürgerbüro, der Ausländerbehörde und der Branddirektion wurden die ersten Anlaufstellen geschaffen. "Nach dem dramatischen Geschehen wollten wir ein Auffangen ermöglichen", sagt Hanna Sammüller-Gradl (Grüne), Kreisverwaltungsreferentin.

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Fotografin Barbara Donaubauer und Svitlana Orlovska.

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40 geflüchtete Ukrainer haben sich von Barbara Donaubauer fotografieren lassen. Oksana und Olga sind zwei von ihnen.

Nur durch Zehntausende Überstunden und die Zusammenarbeit der einzelnen Stellen sei das möglich gewesen. Aber nicht nur bürokratische Hürden und Sprachbarrieren galt es zu bewerkstelligen.


Sammüller-Gradl: "Mehr als 100 Tiere kamen mit den Geflüchteten an. Den ohnehin traumatisierten Kindern wollten wir eine weitere Trennung nicht zumuten. Wir haben mit dem Veterinäramt und dem Sachgebiet Tier des Ordnungsamtes zusammengearbeitet."

Die Branddirektion habe beim Gepäcktragen geholfen, Coronatests durchgeführt. Der kommunale Außendienst und die kommunale Verkehrsüberwachung halfen ebenfalls, den Ansturm zu bewerkstelligen.


Gerhard Mayer vom Amt für Wohnen und Migration berichtet ebenfalls davon, dass vor allem zu Beginn für vieles ein Kraftakt notwendig war. "Bei uns hatten wir zu Anfang zehn Menschen, die russisch beziehungsweise ukrainisch sprechen. Wie stellten eine Liste aller Mitarbeitenden zusammen und kamen schnell auf 120. Durch die Koordinationsstelle für Dolmetscherleistungen konnten im letzten Jahr insgesamt 70 000 Dolmetscher vermittelt werden", sagt Mayer.


Vieles ist Kreisverwaltungsreferentin Sammüller-Gradl auch ans Herz gegangen, sie war gerührt von den persönlichen Geschichten. Besonders eindringlich fand sie schließlich die Arbeiten der Münchner Fotografin Barbara Donaubauer. Das KVR kaufte die Bilder und stellt "Wir Ukrainer*innen in München" momentan im Foyer des KVR in der Ruppertstraße aus.

Donaubauer engagiert sich bereits seit 2016 in der Flüchtlingshilfe, realisierte bereits ein Foto-Projekt in einer Münchner Flüchtlingsunterkunft. Als vor einem Jahr die Ukrainer am Bahnhof in München ankamen, wusste sie: Sie will helfen - und die Geschichten der Menschen erzählen, damit diese nicht verlorengehen.

Mit Svitlana Orlovska, die bei Donaubauers Mutter untergekommen ist, startete sie einen Aufruf in einer ukrainischen Chatgruppe. "Innerhalb eines Tages haben sich 20 Frauen gemeldet", erinnert sich die Fotografin. Schnell stoppte sie den Aufruf wieder.


"Wir Ukrainer sind ein Fotovolk", sagt Svitlana Orlovska gestern im KVR und lacht. Sie ist München und besonders Donaubauer und ihrer Mutter dankbar: "Niemand hat diesen Krieg erwartet. Wir sind nur mit Rucksäcken geflohen. Aber wir wurden hier so herzlich aufgenommen. Danke." Dann unterdrückt sie ein Schluchzen.


Auch ein wenig mit dem Tränen ringt Arina Odarenko. Sie ist ebenfalls Teil von Donaubauers Fotoprojekt. Sie trägt auf dem Bild ihre Spitzenschuhe - sie ist professionelle Balletttänzerin. Seit ihrer Flucht hat sich nicht mehr als Tänzerin gearbeitet. Nun lernt sie Deutsch und will Kinder unterrichten. Auch mit einem Münchner Theater steht sie in Kontakt. "Das wäre so schön. Endlich wieder tanzen", sagt sie.

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Die Ausstellung ist noch bis Ende März täglich außer montags, von 14 bis 18 Uhr im KVR, Ruppertstraße 11, zu sehen