Bayern
Unfall-Falle Baustelle: Kritik an Arbeitsbedingungen in München
14. Mai 2023, 16:06 Uhr
München - Als ein 22-jähriger Handwerker in Stockdorf Mitte April von einem Rollgerüst zwei Meter in die Tiefe stürzte, kam jede Hilfe zu spät: Trotz der Reanimationsversuche des Notarztes erlag der junge Mann seinen schweren Kopfverletzungen noch auf der Baustelle.
Auch für einen 60-jährigen Münchner, der in Olching bei Bauarbeiten von Stahlwänden eingeklemmt wurde, gab es keine Rettung mehr. Allein im April ereigneten sich drei tödliche Unfälle auf Baustellen in München und Umgebung. Auch im Mai gab es bereits mehrere Zwischenfälle: An nur einem Tag verunglückten etwa zwei Bauarbeiter in Haidhausen und in Schwabing, beide überlebten verletzt.
Immer wieder passieren auf Baustellen in und um München tödliche Unfälle
Immer wieder kommt es auf Baustellen zu solchen Unfällen mit teils tödlichem Ausgang. Insbesondere in den letzten Monaten liest man immer häufiger Meldungen über Arbeiter, die in Baugruben stürzen oder von Bauelementen verletzt werden. "Baustellen sind Unfall-Hotspots", sagt Harald Wulf, Bezirksvorsitzender der IG Bau Oberbayern. Nicht immer stehe Arbeitsschutz in der Baubranche an oberster Stelle. "Schwarze-Schafe-Betriebe", die auf Kosten ihrer Mitarbeiter die Sicherheitsbestimmungen missachten, gebe es zwar überall, doch im Bau würden die meisten Arbeitsunfälle passieren.
Ein Kontrolleur ist für 45 583 Beschäftigte zuständig
Festgestellt werden könnten Verstöße und Sicherheitsmängel bei Kontrollen. Die aber gibt es viel zu selten: Wie die IG Bau mitteilt, gibt es in Bayern lediglich 171 Aufsichtsbeamte, die den Arbeitsschutz in den Betrieben prüfen. Rechnerisch wäre also ein einziger Kontrolleur für 45 583 Beschäftigte zuständig - "ein Ding der Unmöglichkeit", sagt Bezirksvorsitzender Wulf.
Die IG Bau stellt klar, dass sich das ändern muss: Auf den Baustellen in München sollten Gerüste ohne Schutzgeländer, mangelhafte Schutzkleidung und ähnliche Missstände keine Chance haben. "Wir brauchen eine stärkere Kontrolle durch die staatlichen Arbeitsschutzbehörden."
Die IG Bau fordert: Es braucht eine übergeordnete Behörde
Eine übergeordnete Behörde, die Kontrollen bündele, könne zudem effektiv die Einhaltung von Vorschriften sicherstellen. Damit könne unter anderem gegen Schwarzarbeit und gegen Verstöße beim Zahlen von Mindestlöhnen vorgegangen werden. In Frankreich und Spanien etwa habe sich eine solche Kontrolle aus einer Hand bereits bewährt - auch auf Münchner Baustellen könnte sie nach Ansicht der IG Bau Leben retten.