So ist die Lage in Ostbayern
Tauziehen um Tiertransporte zwischen Bund und Ländern
21. September 2019, 9:00 Uhr aktualisiert am 5. April 2023, 22:32 Uhr
Landshuts Landrat Peter Dreier hatte die Vorreiterrolle und zeigte Tiertransporten in bestimmte Drittländer bereits im Februar die rote Karte. Mittlerweile ziehen auch andere ostbayerische Landkreise nach. Ein Ende des stundenlangen Martyriums und der Tierquälerei bedeutet das aber noch lange nicht. Denn was fehlt, ist nach wie vor eine einheitliche Lösung auf Bundesebene.
Landrat Peter Dreier zeigt bei diesem Thema seit jeher klare Kante. "Wir können und werden uns nicht an dieser systematischen Tierquälerei beteiligen", betonte Dreier vor wenigen Tagen noch einmal. Und das trotz eines Entscheids am Verwaltungsgericht München. Demnach seien Veterinärämter dazu verpflichtet, Tiertransporte zu genehmigen.
Im Zentrum von Peter Dreiers Kritik: Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). Dreier: "Die Ministerin und ihre Verwaltung dürfen über diese offensichtliche Tierquälerei nicht einfach hinwegsehen." Für die jeweiligen Landkreise scheinen derartige Tiertransporte in Länder wie Usbekistan, Kasachstan oder Turkmenistan jahrelang völlige Blindflüge gewesen zu sein. Und genau dieses Blinde Kuh-Spiel möchte Peter Dreier lieber heute als morgen beenden. "Es kann nicht Aufgabe der Länder und Landkreise sein, die Qualität der Versorgungsstationen in Russland zu prüfen", wettert der Landrat.
Kontrollen brachten vernichtendes Ergebnis
Im August hatten deutsche Veterinäre die Route mit den in den Transportberichten angegebenen Entlade- und Versorgungsstationen in Russland überprüft - mit einem vernichtenden Ergebnis: die jeweiligen Stationen existierten entweder gar nicht oder waren völlig ungeeignet, um den Tieren die notwendige Versorgung zu gewähren. Daraufhin zog Peter Dreier endgültig die Reißleine und veranlasste, dass im Landkreis Landshut keine Vorzeugnisse mehr für derartige Transporte ausgestellt werden. Plangemäß hätten noch diese Woche neun Jungtiere den elend langen Weg nach Usbekistan antreten sollen. Dem hat Dreier nun den Riegel vorgeschoben und betont, dass er von dieser Marschroute auch bis auf weiteres nicht abweichen wird.
Selbiges Vorgehen hat nun auch der Landkreis Straubing-Bogen beschlossen. Auch hier sollen fortan keine Vorzeugnisse für den Langzeittransport in die betroffenen Drittländer mehr ausgestellt werden. Ausschlaggebend dafür ist auch hier der jüngste Bericht der Landestierschutzbeauftragten und Veterinäre. "Der nun vorgelegte Bericht ist eindeutig. Langstreckentransporte über Russland nach Kasachstan und Usbekistan sowie nach Süd-/Ostrussland sind (…) derzeit nicht rechtskonform möglich", so Landrat Josef Laumer. Im Landkreis Straubing-Bogen habe es im Jahr 2019 allerdings noch keinerlei Anfragen zu entsprechenden Vorzeugnissen gegeben. Ebenso verhält es sich in den Landkreisen Dingolfing-Landau, Deggendorf und Freyung-Grafenau sowie im oberbayerischen Landkreis Freising.
Landkreis Regensburg würde Anträge zumindest prüfen
Im Landkreis Kelheim dagegen gab es in diesem Jahr sehr wohl entsprechende Anfragen. "Die beantragten Vorlaufatteste wurden jedoch allesamt nicht erteilt", berichtet Pressesprecherin Sonja Endl gegenüber idowa. Aus tierschutzrechtlichen Gründen werde man die Ausstellung jeglicher Vorlaufatteste für Langstreckentransporte "bis auf weiteres ablehnen".
Im Landkreis Regensburg dagegen möchte man sich offenbar ungern eindeutig positionieren. Zwar wurde auch beim dortigen Veterinäramt im Jahr 2019 bis dato kein entsprechender Antrag auf ein Vorzeugnis gestellt, sollte ein solcher jedoch kommen, würde man diesen zumindest prüfen. "Vor dem Hintergrund dass das Verwaltungsgericht München entschieden hatte, dass sich bayerische Veterinärämter nicht grundsätzlich weigern können, Vorzeugnisse für Tiertransporte ins Ausland zu erstellen, würde das Veterinäramt (..:) beim Umweltministerium anfrage, wie angesichts der unklaren Rechtslage verfahren werden soll", begründet Pressesprecher Hans Fichtl die Haltung des Landratsamtes Regensburg. Wichtig sei dabei beispielsweise, ob der nun vorliegende Bericht zu einer Neubewertung seitens des Ministeriums führe.
Druck auf den Bund wächst
Der Druck auf den Bund wächst also. Denn das EU-Recht ist hierbei eigentlich klar definiert. Demnach müsste den Tieren beim Transport innerhalb von 29 Stunden wenigstens eine Stunde Pause für Futter- und Wasserversorgung gegeben werden. Nach diesen 29 Stunden ist eine Ruhepause von 24 Stunden einzuhalten. In der Praxis sieht das freilich anders aus - zumindest so lange, bis man auch auf Bundesebene entsprechend reagiert. Und zumindest bis dahin werden keine Tiere den teils 40 Stunden langen Transport in derartige Drittländern mehr auf sich nehmen müssen.