"Populistisch und nicht zielführend"
Tabakwerbeverbot sorgt für dicke Luft
18. Dezember 2019, 7:00 Uhr aktualisiert am 18. Dezember 2019, 7:00 Uhr
Jetzt geht's der Tabakwerbung wohl endgültig an den Kragen. Die SPD macht bereits seit längerem mobil, jetzt ist auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit Feuereifer an dem Thema dran. Ab 2022 soll das weitgehende Verbot für Zigarettenwerbung in Kraft treten. Die Tabak-Industrie läuft Sturm, Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml befürwortet diesen Schritt.
Ab 1. Januar 2022 soll plangemäß ein weitgehendes Außenwerbeverbot für herkömmliche Tabakprodukte in Kraft treten. Ab 1. Januar 2023 soll selbige Maßnahme dann für Tabakerhitzer greifen und ein Jahr später auch für E-Zigaretten.
Laut Mikrozensus aus dem Jahr 2017 rauchten in Bayern rund 20,5 Prozent der Über-15-Jährigen. Das entspricht rund 2,3 Millionen Menschen. Der Statistik zufolge rauchen 24,6 Prozent der Männer in Bayern und 16,5 Prozent der Frauen. Seit 1999 ist diese Zahl allerdings deutlich zurückgegangen. Damals rauchten noch 31,9 Prozent der Männer im Freistaat und 20,4 Prozent der Frauen. Zahlen, die Melanie Huml positiv stimmen: "Es ist erfreulich, dass die Raucherrate in Bayern seit einigen Jahren abnimmt. Bei den Erwachsenen hatte Bayern im Jahr 2017 (…) die niedrigste Raucherquote aller Bundesländer." Bereits jetzt sei die Lungenkrebssterblichkeit in Bayern unter dem Bundesdurchschnitt. "Vermutlich eine Folge der niedrigen Raucherrate", so Huml.
Das zum 1. Januar 2008 in Bayern in Kraft getretene Gesetz zum Nichtraucherschutz hebt die Gesundheitsministerin positiv hervor: "Der Einsatz für Nichtraucher in Bayern hat sich gelohnt. Bei uns muss niemand mehr beim Besuch einer Gaststätte oder Diskothek schädlichen Qualm einatmen." Doch diese Maßnahme reicht Melanie Huml nicht aus. Deshalb befürwortet die Bayerische Gesundheitsministerin das Verbot für Tabakwerbung: "Eine weitere Einschränkung der Tabakwerbung, wie sie derzeit im Bundestag vorbereitet wird, halte ich für sinnvoll. Experten zufolge gehört ein Tabakwerbeverbot zu den wirksamsten Instrumenten der Tabakkontrolle - insbesondere auch mit Blick auf Kinder und Jugendliche."
"Diese Verbote fördern den Paternalismus"
Wenig überraschend sieht man das beim Verband der Deutschen Rauchtabakindustrie aus einer völlig anderen Perspektive. "Die Maßnahmen sind populistisch und nicht zielführend. Werbeverbote für legale Produkte hebeln die soziale und freie Marktwirtschaft aus, verhindern Innovationen und zementieren die Macht von Großkonzernen", ärgert sich Hauptgeschäftsführer Michael von Foerster. Seiner Ansicht nach ist dieses Werbeverbot erst der Anfang. Er prognostiziert: "Was mit Werbeverboten bei Tabakprodukten beginnt, wird in absehbarer Zeit bei Ernährungsprodukten, die zum Beispiel Alkohol und Zucker enthalten, fortgesetzt." Erste Werbeverbote würden in Irland bereits erfolgen und auch in Deutschland gebe es bereits entsprechende Forderungen. Von Foerster: "Verbote mit einer derartigen markteinschränkenden Regulierung befördern den Paternalismus. Unsere Demokratie fußt auf der Mündigkeit des Bürgers!"
Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Deutschen Rauchtabakindustrie betont, dass es ihm primär nicht um drohende finanzielle Einbußen für die Tabakindustrie durch ein solches Werbeverbot gehe, denn dies sei "nicht Kern des Problems". Von Foerster weiter: "Genau hier liegt nämlich das Missverständnis über die Wirkung von Werbung. Dieses Verbot wird die Zahl der Raucher nicht verringern. So wie niemand anfängt zu rauchen, weil er ein Plakat sieht, wird auch niemand aufhören zu rauchen, weil Plakatwerbung verboten ist." Werbung habe per se die Aufgabe, "bestehende Konsumenten auf sein eigenes Produkt aufmerksam zu machen". Und genau hier sieht Michael von Foerster eine große Gefahr: "Wenn das nicht mehr möglich ist, können vor allem die Mittelständler ihre innovativen Nischenprodukte überhaupt nicht mehr publik machen. Gewinner der Marktzementierung werden daher einige wenige Konzerne sein."
Huml: "Rauchen bleibt das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko"
Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten scheint Rauchen auf den ersten Blick positiv für die öffentliche Hand zu sein. Immerhin spülte allein die Tabaksteuer dem Fiskus im Jahr 2018 rund 14,3 Milliarden Euro in die Kassen. Für Melanie Huml aber offenbar eine zu vernachlässigende Summe angesichts der Folgen des Tabakkonsums: "Durch das Rauchen verringert sich die Lebenserwartung im Schnitt um zehn Jahre. Rund zwölf Prozent aller Sterbefälle in Bayern sind auf das Rauchen zurückzuführen. Klar ist: Rauchen bleibt das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko." Verdeutlicht wird das durch die direkten Krankheitskosten für Raucher in Deutschland. Laut einer Sprecherin des Gesundheitsministeriums betrugen diese im Jahr 2018 über 27 Milliarden Euro. Rechnet man gar die direkten und indirekten Kosten des Rauchens, zum Beispiel durch Produktionsausfälle zusammen, käme man auf über 97 Milliarden Euro.
Ungeachtet dessen richtet Michael von Foerster eine Kampfansage an Teile der Politk: "Dem pessimistischen Weltverbesserungswahn jener, die glauben, im Besitz der letzten Wahrheit zu sein, muss man mutig entgegentreten. Das Argument, Deutschland sei das einzige Land, dass noch Tabakwerbung erlaube, ist schwach."