Ausgangsbeschränkungen
Söder sucht bayerischen Sonderweg aus Corona-Krise
16. April 2020, 10:27 Uhr aktualisiert am 3. April 2023, 16:02 Uhr
Bayerns Uhren drehen sich auch beim Weg aus dem Corona-Ausnahmezustand anders als im restlichen Deutschland. Das Kabinett um Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will am Donnerstag den genauen Fahrplan für die kommenden Wochen festlegen. Dies ist notwendig, da der von Bund und Ländern am Mittwoch beschlossene Ablauf laut Söder im Freistaat teilweise erst verzögert übernommen werden soll. Dies gilt etwa für die Schulöffnungen, welche in Bayern eine Woche später als in den restlichen Ländern ab 11. Mai schrittweise erfolgen sollen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll dies auch für Viertklässler gelten.
Schon ab dem 27. April sollen lediglich die Abschlussklassen an den Gymnasien, Real- und Mittelschulen wieder zurück an die Schulen dürfen, ebenso Meisterklassen. Ab 11. Mai sollen dann an diesen Schulen die Jahrgänge folgen, die im kommenden Jahr ihren Abschluss machen werden, also etwa die derzeitigen Elftklässler an Gymnasien und die aktuellen Neuntklässler an Realschulen - und wohl die Viertklässler. Wann alle übrigen Jahrgänge zurück an die Schulen dürfen, ist demnach noch offen. Auch die Kitas sollen zunächst geschlossen bleiben - das hatte Söder am Mittwoch in Berlin nach der Schalte von Bund und Ländern angekündigt. Söder hatte dabei auch erklärt, dass Bayern den Weg grundsätzlich richtig fände, beim Zeitplan für einige Punkte aber vorsichtiger und etwas zurückhaltender vorgehen wolle.
Auch Geschäfte öffnen zeitversetzt
Ein bayerischer Sonderweg zeichnet sich auch bei den Lockerungen im Handel an: Söder meldete in Berlin bereits Zweifel daran an, dass er die Kompromissformel für eine Wiederöffnung von kleineren Läden bis zu eine Größe von 800 Quadratmetern ab kommendem Montag so übernehmen wolle. Er halte das für "zu viel", so Söder in Berlin. Dem Vernehmen nach war Bayern in die Verhandlung mit einer Obergrenze von 400 Quadratmetern gegangen.
Man werde auch terminlich bei den Öffnungen von Geschäften "etwas zeitversetzt" vorgehen. Der bayerische Handel forderte, dass der Freistaat nicht von der bundesweiten Öffnungsregelung ausschere - weder zeitlich noch was die Größenordnung angeht. Der Handelsverband schätzt, dass gut 80 Prozent der hiesigen Geschäfte kleiner als 800 Quadratmeter sind.
Bundesweiter Fahrplan aus der Krise
In einer fast vierstündigen Videoschalte hatten sich Merkel und die Regierungschefs der Länder am Mittwochnachmittag auf einen Fahrplan für den Weg aus der Corona-Krise verabredet. Dieser sieht unter anderem vor, dass die Ausgangsbeschränkungen bis mindestens zum 3. Mai verlängert werden. Ursprünglich waren diese bis zum 19. April befristet. Auch die in der Krise eingeführten Kontrollen an deutschen Grenzen sollen für weitere 20 Tage bis zum 4. Mai gelten.
Dem Kompromiss von Bund und Ländern zufolge sollen auch unabhängig von der Verkaufsfläche Kfz-Händler, Fahrradhändler und Buchhandlungen wieder ihren Betrieb aufnehmen können - auch hier fehlt aber noch eine klare Ansage, ob das auch in Bayern so sein wird. Dagegen stellte Söder schon klar, dass große Möbelhäuser, Kaufhäuser und Shopping-Zentren definitiv weiter unbefristet geschlossen blieben. Söder rechtfertigte dies mit dem ansonsten drohenden Kundenverkehr und Menschen-Ballungen in den Innenstädten.
Sicherheit und Freiheit ausbalancieren
Söders Vorsicht hat einen Grund: Der Süden Deutschlands ist stärker betroffen als andere Teile von Deutschland. Bis Mittwoch wurden 34.664 Menschen positiv auf das Sars-CoV-2 getestet - bisher starben 995 Menschen an den Folgen. Zum Vergleich: Die geschätzte Zahl der Genesenen lag bei 16.310 Menschen. Vorsicht und Besonnenheit seien auch in der jetzigen Phase mit einer abflachenden Infektionskurve von großer Bedeutung, betonte er in Berlin. "Solange es keine Medikamente gibt, solange müssen wir einen Weg, ein Konzept finden, mit Corona zu leben", sagte er.
Hier gelte es, so viel Sicherheit und so viel Freiheit wie möglich zu erreichen. Ob diese Formel bedeutet, dass auch Alleinlebende auf Erleichterungen hoffen dürfen? Auch dies muss Söders Kabinett entscheiden.