Hochwasser-Lage

Söder: Bayern stellt 100 Millionen Euro "plus X" an Flut-Hilfen bereit

Noch sind die wirtschaftlichen Schäden der Flut in Bayern nicht zu beziffern. Die Staatsregierung schnürt aber bereits ein erstes Hilfspaket für Betroffene.


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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (M, CSU), spricht zu Einsatzkräften vom Roten Kreuz, DLRG und anderen Rettungskräften bei einer Ortsbesichtigung im vom Hochwasser betroffenen oberbayerischen Reichertshofen.

Von dpa

Nach der Flutkatastrophe in weiten Teilen Bayerns will die Staatsregierung mindestens 100 Millionen Euro an Finanzhilfen für Betroffene bereitstellen: "100 Millionen plus X", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag nach einem entsprechenden Kabinettsbeschluss in München. Von dem Hilfspaket sollen grundsätzlich sowohl Privathaushalte als auch Gewerbebetriebe, Selbstständige sowie Land- und Forstwirte profitieren können. Erstes Geld soll auf Antrag noch diese Woche fließen.

"Bayern hilft, schnell und unbürokratisch", sagte Söder. "Wir lassen in der Not niemanden allein." Söder forderte aber auch den Bund auf, seine Zusagen einzuhalten und Flut-Hilfe zu leisten. Er setzt darauf, dass Berlin die Hälfte der Kosten des Hilfsprogramms übernimmt.

  • Privathaushalte sollen für Schäden bis zu 5000 Euro an Soforthilfen bekommen können, für Ölschäden an Wohngebäuden bis zu 10 000 Euro – wobei Versicherungsleistungen am Ende darauf angerechnet werden. Zudem werden die Zahlungen halbiert, wenn die Betroffenen nicht versichert waren, obwohl dies möglich gewesen wäre. Für Anträge und Auszahlungen sind die jeweiligen Kreisverwaltungsbehörden zuständig.
  • Unternehmen und Gewerbetreibende sollen bis zu 200 000 Euro an Soforthilfen in Anspruch nehmen können, landwirtschaftliche Betriebe bekommen bis zu 50 000 Euro. Bei nicht versicherbaren Schäden sollen 50 Prozent erstattet werden, ansonsten 25 Prozent. Zuständig für Anträge von Unternehmen sind die Bezirksregierungen, bei Agrarbetrieben sind es die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
  • Ist jemand durch die Flut in eine existenzielle Notlage geraten, egal ob ein Privathaushalt, ein Unternehmen, ein Selbstständiger oder ein Landwirt, sollen im Extremfall sogar sämtliche Schäden erstattet werden: Bei drohender Existenzgefährdung stehen dafür Zuschüsse aus einem eigenen Härtefonds zur Verfügung.
  • Steuerlicher Erleichterungen sollen Betroffene zusätzlich entlasten, unter anderem Sonderabschreibungsmöglichkeiten, Stundungen oder geringere Vorauszahlungen.

Bereitgestellt werden sollen die finanziellen Mittel laut Finanzminister Albert Füracker (CSU) "im Rahmen einer Notbewilligung unter Einbeziehung des bayerischen Landtages". Dies solle im Rahmen der Haushaltsberatungen im Landtag in dieser Woche beschlossen werden.

"Viele Existenzen sind zum Teil vernichtet, zumindest extrem herausgefordert. Extreme wirtschaftliche Schäden sind zu erwarten", sagte Söder. Er verteidigte deshalb die Entscheidung des Kabinetts, erneut ein Hilfsprogramm aufzulegen: Es wäre "kaltherzig und unangemessen", wenn der Staat nun sagen würde, man habe mit dem Ganzen nichts zu tun. "Das fände ich dem Schutzauftrag eines Staates unangemessen", argumentierte er. Er erneuerte aber seine Forderung nach einer Pflichtversicherung für Elementarschäden: Die Länder seien sich nahezu einig, deshalb gehe hier die dringende Aufforderung an den Bund.

Die Staatsregierung fühle mit den Betroffenen, betonte Söder. "Ihr Leid ist auch unser Leid." Für die bislang drei bekannten Todesopfer der Fluten hatte der Ministerrat in der Sitzung am Vormittag eine Schweigeminute eingelegt. Mehrere Menschen galten am Dienstag zudem noch als vermisst. In Regensburg und Passau wurden die höchsten Wasserstände der Donau erst noch erwartet. Söder sagte, man hoffe nun, die nächsten zwei Tage gut zu überstehen. "Und wir hoffen einfach, dass wir mit Ende der Woche dann durch das Ganze durch sind."

Söder wies unterdessen scharf zurück, dass die Staatsregierung den Hochwasserschutz in den vergangenen Jahren vernachlässigt und Mittel gekürzt habe - das seien "Fake News". "Es wird nichts gekürzt beim Hochwasserschutz, im Gegenteil. Seit 2001 haben wir vier Milliarden Euro investiert, bis 2030 werden weitere zwei Milliarden investiert werden in den Hochwasserschutz, und jährlich geben wir eine Milliarde für den Klimaschutz aus." Und man setze auch die Polder-Strategie fort - auch wenn es da "Diskussionen vor Ort" gebe. Auch der jahrelange Widerstand von Freie-Wähler-Chef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger gegen mehrere Flutpolder-Projekte an der Donau habe letztlich keine Verzögerungen bei der Gesamtplanung bedeutet, sagte Söder auf Nachfrage.

Auch Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) argumentierte, die Beträge, die in Bayern in den Hochwasserschutz gesteckt würden, stiegen seit Jahren kontinuierlich an. Dagegen würden Mittel im nationalen Hochwasserschutzprogramm gekürzt, klagte er.

Im Landtag dankte Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) am Dienstag unter großem Applaus des ganzen Plenums den 60.000 Einsatzkräften, die in den vergangenen Tagen gegen die Fluten gekämpft haben und noch kämpfen. "Ohne diese Menschen, die anpacken, wäre unser Land, wäre unsere Gesellschaft nicht überlebensfähig", sagte sie - und erinnerte auch an die Toten: "Wir bangen um die Vermissten und trauern mit den Familien der Opfer."

Alle Informationen zur Hochwasser-Lage in Ostbayern finden Sie auf idowa.de/hochwasser