Schulen in Bayern

Schwänzen in Corona-Zeiten: Hunderte Bußgeldverfahren


Seit Beginn der Corona-Pandemie haben Hunderte Schüler in Bayern geschwänzt. Anfangs waren viele Behörden noch kulant, mittlerweile gehen sie konsequent dagegen vor - Bußgelder inklusive.

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben Hunderte Schüler in Bayern geschwänzt. Anfangs waren viele Behörden noch kulant, mittlerweile gehen sie konsequent dagegen vor - Bußgelder inklusive.

Von dpa

Ob aus Angst vor Corona oder wegen der Ablehnung des deutschen Staates durch die Eltern: Hunderte Schülerinnen und Schüler haben bayernweit seit Beginn der Corona-Pandemie vor fast zwei Jahren die Schule geschwänzt.

Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei mehr als 45 Landkreisen und kreisfreien Städten im Freistaat. In vielen Fällen ergingen vor allem im aktuellen Schuljahr Bußgeldbescheide - zusammengerechnet waren es seit März 2020 allein bei den befragten Behörden weit mehr als 120 000 Euro.

Etliche Verfahren sind den Angaben zufolge noch offen, weil Betroffene etwa Einspruch einlegten, die Zahlung verweigerten oder nicht auf behördliche Schreiben reagierten. Zu einem Mittel griffen die Ämter auf Weisung des Kultusministeriums aber bisher wohl so gut wie nie: ein Kind unter Zwang oder per Polizei zur Schule zu bringen - denn zu den verpflichtenden Corona-Tests und der Maske dürfen die Schüler nicht gezwungen werden.

In der Schule tagelang unentschuldigt zu fehlen, kann schnell teuer werden. Das Bußgeld wird meist nach der Anzahl der Fehltage festgelegt. Los geht es bei 5 Euro, es sind aber auch 1000 Euro möglich. Bei Kindern unter 14 Jahren erfolgt jeweils ein Bußgeldverfahren für die Erziehungsberechtigten, also eines für den Vater und eines für die Mutter. Bei 14- bis 17-Jährigen ergeht zusätzlich ein Bescheid an den Schüler. "Somit sind teilweise pro Anzeige zwei bis drei Bußgeldverfahren nötig", erklärt das Landratsamt Ansbach. Bei über 18-Jährigen erfolge nur ein Verfahren gegen das Mädchen oder den Jungen.

Anfangs kulant, nun konsequent

Wie viele Bußgeldverfahren wegen coronabedingten Schulschwänzens bisher eingeleitet wurden, wird nicht zentral beim Kultusministerium erfasst. Der dpa-Umfrage zufolge dürften es bayernweit Hunderte sein - alleine das Landratsamt Oberallgäu verschickte seit März 2020 Bußgeldbescheide über insgesamt mehr als 15.600 Euro. "Das sind tatsächlich alles Corona-Bußgelder", sagt eine Sprecherin.

Mit Pandemiebeginn waren viele Behörden beim Thema Schulpflicht kulant, auch weil der Präsenzunterricht stark eingeschränkt war, wie aus den Antworten der Ämter hervorgeht. Doch seit den vergangenen Herbstferien ist dies anders. Seither gehen die Behörden gegen Schüler, die wegen Test- und Maskenverweigerung oftmals seit Monaten nicht die Schule besuchen, nun konsequenter vor. Anspruch auf Distanzunterricht besteht nicht mehr, so dass "eine Testverweigerung und die damit einhergehende Nichtteilnahme am Präsenzunterricht somit eine Verletzung der Schulpflicht darstellt", erläutert das Landratsamt Roth. Der Schüler fehlt damit unentschuldigt.

Die Gründe für Schulverweigerungen sind vielfältig und werden nicht immer von allen Behörden erfasst. In vielen Fällen lehnten Eltern oder Schüler die Corona-Tests oder die Maske ab, ergab die Umfrage. "Oftmals spielt auch die Angst vor einer Covid-19-Erkrankung eine große Rolle, die die Eltern veranlasst, ihre Kinder nicht mehr in die Schule zu schicken", schreibt das Landratsamt Landsberg am Lech dazu.

"In seltenen Einzelfällen sind parallel Klagen beim Verwaltungsgericht anhängig mit dem Ziel, dass die Kinder im Distanzunterricht beschult werden", teilt das Landratsamt Amberg-Sulzbach mit.

Von illegalen Schulen und "Reichsbürgern"

Im mittelfränkischen Erlangen oder im unterfränkischen Esselbach sollen Gegner von Corona-Auflagen sogar illegale Schulen betrieben haben, um Kinder von Test- und Maskenpflicht fernzuhalten. Die behördlichen Verfahren dazu laufen noch.

Andere Fälle von Verletzung der Schulpflicht haben nichts mit Corona zu tun: Manchmal erkennen die Eltern die Bundesrepublik nicht als Staat an und damit auch nicht die Schulpflicht - diese Menschen bezeichnen sich als "Reichsbürger". "Eine Analyse der schriftlichen Kommunikation legt nahe, dass einige der betroffenen Erziehungsberechtigten der Reichsbürgerszene zuzuordnen sind", schreibt ein Sprecher der Stadt Bamberg.

Von "Reichsbürgern" berichten mehrere Behörden bayernweit, so auch das Landratsamt Coburg: "Eine Reichsbürgerfamilie hat ihre Tochter von der Schule abgemeldet, mit der Begründung, dass in Deutschland angeblich keine Schulpflicht besteht und in der BRD immer noch das Recht der alliierten Besatzungsmächte gilt."

Das Landratsamt Lichtenfels weiß von einem Erstklässler, "der seit Beginn seiner Schulzeit noch nie im Schulgebäude anwesend war. In einem anderen Fall kann aus den eingegangenen Schriftsätzen auf eine Nähe zur Reichsbürgerbewegung geschlossen werden."

Das Landratsamt Rosenheim weist trotz der verschiedenen Motive fürs Schulschwänzen darauf hin: "Alle Schulpflichtverletzungen werden gleich behandelt. Ziel ist immer, die Eltern und Kinder dazu anzuhalten, wieder regelmäßig am Präsenzunterricht teilzunehmen." Zwang sei zum Schutz der Kinder nicht zielführend.