Bayern
Schlechtes Wetter: Münchner Eisdielen mit bis zu 90 Prozent Umsatzeinbruch
20. April 2023, 18:31 Uhr
München - Wer friert, der will kein Eis essen. Die letzten Wochen waren deshalb für Eisdielen keine gute Zeit. "Im Februar hatte die Saison eigentlich gut angefangen, da war das Wetter besser als jetzt", sagt Robert Venzilotta, der den Eisladen Jessas Eis in der Klenzestraße betreibt. "Aber danach? Einen einzigen schönen Tag gab es in zwei Monaten!" Die meisten Eiscafés hatten derweil auch von den sonnigen Februartagen nichts. Sie waren da noch geschlossen.
Umso mehr freuen sich die Betreiber der Eisdielen und -cafés auf das gute Wetter, das für die nächsten Tage vorausgesagt ist.
"Ich habe von Eisdielen gehört, die pleite gegangen sind"
Robert Maier-Kares (48): "Je schwieriger die Situation im Land, desto konservativer wird der Kunde - und desto mehr klassische Eissorten möchte er. Wirklich! Man sieht das auch auf Messen und in Umfragen. Als Eiscafé verkaufen wir ja gewissermaßen Gefühle. Kinderlachen, Sonnenschein, Entspannung: All das verbinden die Leute mit dem Eisessen.
Und in der Krise wollen die Menschen sich mollig geborgen fühlen. Also essen sie Schokolade, Vanille und Erdbeer, das erinnert sie an die eigene Kindheit. Seit der Corona-Krise verkaufen wir diese Sorten besonders oft. Bestimmt auch dieses Jahr! Die letzten Wochen haben wir aber wenig verkauft, weil das Wetter so schlecht war.
Wir hatten Umsatzeinbrüche von 80 oder 90 Prozent! Eigentlich eröffnen wir immer am ersten Tag des Jahres, an dem das Thermometer über 15 Grad klettert. Aber ich weiß gar nicht, ob das dieses Jahr überhaupt schon vorgekommen ist.
Einmal hatten wir drei Tage offen, weil die Sonne ein bisschen rausgekommen war - und dann hat es plötzlich tagelang gestürmt und geschneit und wir mussten wieder zumachen. Seit zwei Wochen haben wir jetzt trotzdem offen. Wir können so etwas verkraften, weil wir breit aufgestellt sind und auch noch beispielsweise Pink Christmas ausrichten.
Aber ich habe auch schon von Eisdielen gehört, die jetzt pleite gegangen sind. Erst Corona und dann das ganze schlechte Wetter - das war einfach zu viel. Wenn es mehrere Tage hintereinander regnet, dann produzieren wir überhaupt kein Eis. Auch, um Wasser und Strom zu sparen.
Um Eis angemessen zu lagern braucht man bis zu 500 Liter Wasser - und das muss dann noch die ganze Zeit gekühlt werden. Dabei haben wir doch eh schon ein Klimaproblem! Das Klimathema ist uns sehr wichtig. Wir haben eine Solaranlage, mit der wir unsere Hochleistungsmaschinen betreiben. Wenn die Sonne maximal scheint, haben wir damit viel klimaneutralen Strom, um Eis herzustellen. Hoffentlich ist es jetzt so weit!"
Café Eismeer, Pestalozzistr. 21
"Bislang war das Wetter nur einmal gut genug"
Benjamin Lun (34): "Wir haben ein paar Kunden, die kommen immer im November und holen sich nochmal literweise Eis, um über den Winter versorgt zu sein. Diese Art Kunden kümmert sich nicht um das Wetter und ist uns auch in den letzten Wochen treu geblieben. Aber abgesehen davon war wenig los.
Es wird jetzt wirklich Zeit für die Sonne! Wetterberichte sind ja auch nicht mehr das, was sie mal waren, da wird man immer wieder überrascht. Aber wir haben zum Glück eine hohe Flexibilität, weil bei uns die Konditorei unten im Haus drin ist.
Wenn ich morgens um neun Uhr merke, dass das Wetter überraschend schön ist, dann kann unser Konditor schon um 11 Uhr eine zusätzliche Eissorte gemacht haben. Momentan haben wir 38 bis 40 Sorten Eis zur Auswahl; wenn wir die ganze Theke voll haben, sind es aber bis zu 60 Sorten.
Bislang war das Wetter dieses Jahr erst ein einziges Mal gut genug, um die Theke komplett aufzumachen, aber am Freitag werden wir sie jetzt wieder ganz öffnen. Und dann müssen wir schauen, wo uns das Wetter hinführt... Mein persönlicher Eis-Trend für dieses Jahr steht auf jeden Fall schon fest: Himbeer-Grieß! Das hat so eine grieselige Konsistenz, einfach genial."
Eiskonditorei Sarcletti, Nymphenburger Str. 155
"Ich bleibe optimistisch - trotz schlechtem Wetter"
Robert Venzillotta (49): "Ich verbringe den Winter immer damit, mir neue Eissorten auszudenken. Dann lese ich Bücher über Eis und gehe auf Messen. Und überlege: Was passt geschmacklich gut zusammen? Als Eismeister produziere ich mein Eis selbst und kann meine Ideen alle gleich ausprobieren.
Dieses Jahr habe ich zum Beispiel Vanille mit Balsamico getestet. Ich finde, das passt sehr gut zusammen. Aber wie es ankommt, kann ich noch nicht einschätzen. Dafür war bisher das Wetter zu schlecht. Den ganzen März und April gab es nur einen einzigen warmen Tag! Trotzdem bleibe ich optimistisch: Es kann immer noch ein schöner Sommer werden!"
"Jessas Eis", Klenzestr. 97
"Sonnen- und Regentage, das sind zwei Welten bei uns"
Max Eisenrieder (42): "Wir wollen immer frisches Eis verkaufen, deshalb machen wir unsere Theke erst diesen Freitag wirklich auf. Da ist nämlich schönes Wetter! Ab jetzt gibt es dann 24 Eissorten, davor hatten wir nur 16. Mehr hat sich nicht gelohnt. Bei uns darf Eis nämlich nicht länger als drei Tage im Kühler stehen.
Und Sonnen- und Regentage, das sind einfach zwei Welten bei uns. Letzten Ostermontag hatte es einmal 15 Grad, da hatten wir gleich eine Schlange von 40 Metern vor der Eisdiele. Samstag soll es jetzt sogar 20 Grad warm werden. Da brauchen wir dann auch mehr Personal. Endlich!
Unsere Festangestellten haben ein Stundenkonto, aber ewig kann man sich ja auch nicht Minusstunden aufschreiben. Welche Eissorten es bei uns gibt, wird bei uns bei einer großen Eisverkostung im Winter gemeinsam entschieden. Da versammelt sich die ganze Backstube und dann wird verkostet, bis du frierst!
Die sechs Sorten, die sich im letzten Jahr am schlechtesten verkauft haben, werden dann durch die Gewinner der Verkostung ersetzt. Meistens sind es die ausgefallenen Eissorten, die wir rauswerfen müssen. Die Leute kommen eben wegen den Klassikern zu uns. Malaga, Vanille, solche Sorten gehen immer. Honig-Kurkuma mussten wir dagegen rausnehmen."
Café Münchner Freiheit, Münchner Freiheit 20