Bayern
Ruhestand statt Hochspannung: Der faradaysche Käfig im Deutschen Museum wird ausrangiert
19. Januar 2023, 18:28 Uhr aktualisiert am 19. Januar 2023, 18:28 Uhr
München - Gleich hinter den schweren Türen, dort, wo bis zum vorigen Sommer der Haupteingang ins Deutsche Museum war, schaut es jetzt aus wie in einem Holzlager. Zwischen den Säulen türmen sich meterhoch Holzpaletten und Latten. In der Halle nebenan stehen riesige Rollen mit Luftpolsterfolie. Gabelstapler fahren umher. Es hallt in den zum Teil schon ziemlich leeren Museumshallen.
Während in der anderen Hälfte des Museums die Besucher durch völlig neugestaltete weiß gestrichene Ausstellungsräume streifen, wird hier auseinandergeschraubt, vermessen, dokumentiert, verpackt und geräumt. Alle Exponate müssen raus, bis auch die zweite Hälfte des Museums generalsaniert werden kann. 2028 soll auch hier alles neu sein.
Frank Dittmann, Kurator der Abteilung Energie-, Starkstrom- und Automatisierungstechnik, hat die AZ herumgeführt. Rund zwölf Monate wird es insgesamt dauern, bis alle 10 000 Objekte raus sind, erklärt er. Auch eine Ikone, die jeder Münchner kennt, wird bald abgebaut - und nicht mehr in die Ausstellung zurückkehren: der faradaysche Käfig.
Noch hängt er wie eh und je in seinem Gitterkäfig, am Zaun ein gelbes Warnschild mit rotem Blitz und den Worten "Vorsicht! Lebensgefahr". Seine Anziehungskraft auf die Besucher ist legendär. Die Vorführungen, wenn es ohrenbetäubend knallte und blitzte und dem Museumsmitarbeiter in der Kugel trotzdem kein einziges Haar angesengt wurde - das gehörte für Millionen Besucher zu den absoluten Highlights im Museum.
Die Hochspannungsanlage und das derzeit ebenfalls geschlossene Bergwerk waren die meistbesuchten Abteilungen.
Wann das Bergwerk wieder öffnen wird, ist ungewiss (AZ berichtetei). Für den anderen Publikumsliebling steht aber fest: "Es wird wieder ein faradayscher Käfig kommen. Er wird ein bisschen größer sein, so dass zwei Personen hineinkönnen", verrät Dittmann. Die Käfig-Plätze soll man künftig als Besucher sogar buchen können zu einem besonderen Anlass. Dittmann kann sich zum Beispiel Hochzeitspaare darin vorstellen.
Knallen soll es auf jeden Fall wieder - wenn auch nicht mehr ganz so laut. "Der Knall gehört dazu, es soll nicht nur ein Plopp sein", verspricht der Kurator. Allerdings gelten inzwischen andere Lärmschutzregeln - 60 Dezibel sind das Maximum. Akustiker sollen an der idealen Lösung tüfteln.
Der alte faradaysche Käfig hat also ausgedient. Er geht in den Museumsruhestand. Verschrottet wird er aber ganz sicher nicht. "Er wird für die nachfolgenden Generationen und für die Ewigkeit aufbewahrt", sagt Kurator Dittmann.
"Er ist ein ikonisches Exponat und kommt in die Abteilung Sammlungsgeschichte ins Depot. Er steht als Highlight und Symbol fürs Deutsche Museum."
Die Halle, in der der Kugelkäfig in diesen Tagen einsam und verlassen hängt, wird 2028 nicht wiedererkennen zu sein. Das alte Gewölbe mit seinen Stahlrippen soll freigelegt werden, die Zwischendecken kommen raus. "Die ganze Halle ist ein faradayscher Käfig", erklärt Dittmann. Nach der Sanierung werden die Decken wesentlich höher sein, auf 1000 Quadratmetern wird sich alles um Energie und ihre Formen drehen.
Die Hochspannungsabteilung mit dem neuen faradayschen Käfig wird ans andere Ende der Halle ziehen - die Pläne erinnert an eine Vogelvoliere. Davor werden die Besucher auf Tribünen ähnlich wie in einem kleinen Amphitheater Platz nehmen können. "Die Sicht wird sich verbessern", sagt der Kurator. Und er verspricht, dass wieder eine Show kommen wird, die den Besuchern gefällt: "Da wird was passieren!"