Bayern

MVV wird größer: Mit der Streifenkartein die Berge

Schon im Dezember soll der MVV sich deutlich vergrößern. Die AZ erklärt, was sich damit für die Münchner ändert - und, was der Verkehrsverbund noch vorhat.


Vom U-Bahnhof bis zur Wanderung auf dem Wallberg geht es in einem Jahr für die Münchner mit einem MVV-Ticket

Vom U-Bahnhof bis zur Wanderung auf dem Wallberg geht es in einem Jahr für die Münchner mit einem MVV-Ticket

Von Felix Müller

Bernd Rosenbusch ist ein Mann mit Visionen. Stundenlang kann er über die ganz großen Ziele in der Verkehrspolitik sprechen. Doch in diesen Wochen wird es ganz konkret. Denn eines der vielen Zukunftsprojekte des MVV nimmt jetzt so richtig Fahrt auf - eine zeitgemäße Erweiterung des Verbunds. Die AZ gibt einen Überblick, was sich schon heuer ändert - und stellt die längerfristigen Ideen aus dem Hause Rosenbusch vor.

Verbunderweiterung

Schon zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember kann man mit der Streifenkarte in die Berge fahren. Dann wird der ganze Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zum MVV gehören, das ist bereits fix. Rosenbusch geht darüber hinaus ganz fest davon aus, dass Miesbach ebenfalls dann beitritt. Möglicherweise sind auch schon Stadt und Landkreis Rosenheim Ende 2023 dabei - hier klingt Rosenbusch aber etwas verhaltener. Der weitere Zeitplan: Ende 2024 sollen die Landkreise Landsberg, Mühldorf und Weilheim-Schongau beitreten, Ende 2025 dann Garmisch-Partenkirchen sowie Stadt und Landkreis Landshut.

Gut gelaunter Visionär: MVV-ChefBernd Rosenbusch.

Gut gelaunter Visionär: MVV-ChefBernd Rosenbusch.

Folgen für Münchner

Rosenbusch wirbt landauf, landab damit, wie viele Vorteile eine MVV-Erweiterung für alle Seiten hätte. Für München argumentiert er dabei so: Für Einpendler könnte es attraktiver werden, auf die Öffentlichen umzusteigen, was der Münchner Luft - und den Münchner Parkplätzen - gut täte. Die Städter könnten mit einer Fahrkarte - und mutmaßlich auch oft günstiger - in der Freizeit in die Berge fahren, insgesamt würde die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts gestärkt.

Mit Vorteilen rechnet der MVV übrigens auch für jene, die weiter Auto fahren. Weil der Verkehr deutlich abnehmen könnte. Durch die Integration des gesamten Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen rechnet er zum Beispiel mit bis zu 20 Prozent weniger Verkehr auf der südlichen A8.

Für Abokunden wird der Beitritt zum MVV zunächst keinen so großen Effekt haben. Weil sie ab Mai ohnehin alle das Deutschlandticket haben werden - und so auch außerhalb des MVV die Öffentlichen Verkehrsmittel nutzen können. Profitieren werden sie trotzdem, weil etwa Anschlussbusse besser koordiniert sein werden. Für alle, die mit Einzel-, Tages- und Wochentickets unterwegs sind, wird die Fahrt etwa von einem U-Bahnhof in der Stadt bis an den Tegernsee aber auf jeden Fall einfacher. Und wohl unterm Strich auch günstiger.

Deutschlandticket

Das Deutschlandticket kommt. Beim MVV wird es dieses digital und als Chipkarte geben (AZ berichtetei). Rosenbusch hält die Debatte um die Einführung in den einzelnen Verkehrsverbünden aber ohnehin für etwas zu aufgeregt. "Online können Sie die Karte ja genauso kaufen, wenn das die Cottbusser Verkehrsbetriebe anbieten und dann in München damit fahren", sagt er. Eigentlich gibt es das Deutschlandticket nur im Abo und für den ganzen Kalendermonat. Hier könnte München noch einen Sonderweg gehen. Rosenbusch würde gerne weiter eine Abo-Start-Karte anbieten. Wer also etwa Mitte des Monats startet, müsste nicht den ganzen Monat zahlen, sondern nur einen halben - und dann ab dem nächsten Monat regulär das volle Deutschlandticket. Rosenbusch betont übrigens, dass das Deutschlandticket bei weitem nicht für alle Kunden attraktiv sein wird. Aktuell verkauft der MVV 140 Millionen Einzel-, Tages- und Wochenkarten pro Jahr. Künftig dürften es immer noch 100 Millionen sein, schätzt Rosenbusch. Monatskarten hingegen haben keinen Sinn mehr, nachdem selbst die heutige M-Zone teurer ist als 49 Euro, lohnt sich auf jeden Fall für alle Abokunden das Deutschlandticket.

Rufbus für die Stadt

Zum Beispiel Aubing. Ja, es gibt auch in München Gegenden, in denen sich eine Art Rufbus lohnen kann. Nach dem Ende des Isartigers hat die Stadt aktuell kein solches System mehr, das etwa spätabends, wenn kein Bus mehr fährt, den letzten Kilometer von der S-Bahn nach Hause fährt. "Es geht um Räume und Zeiten mit geringer Nachfrage", so sagt es eine MVV-Sprecherin. Also: spätabends in Aubing. Der MVV würde gerne mit der Stadt ins Geschäft kommen mit seinem System, das er im Landkreis München bereits nach eigenen Angaben erfolgreich betreibt. Die Kleinbusse kommen dort nicht nach Fahrplan - sondern nur, wenn sie bestellt wurden.

Mobilitätsstationen

Die Minimalversion sind ein paar Leihräder nahe einer Haltestelle, in der Maximalversion warten dort auch verschiedene Carsharing-Autos; ein paar wenige Mobilitätsstationen gibt es schon in der Stadt. Laut Rosenbusch soll das Netz aber massiv ausgebaut werden. Von einer Hand voll bis auf 200 (!) will er alleine im Stadtgebiet bis 2026 schaffen.

Check-In-Check-Out

Beim Einsteigen übers Handy wischen, beim Aussteigen wieder und dann wird der günstigste Fahrpreis für die Strecke abgerechnet. So stellt sich Rosenbusch die Zukunft der Fahrkarte vor (auch wenn es weiter möglich sein soll, auch ganz klassisch Fahrkarten zu erwerben). Eine Testphase mit Tausenden Kunden läuft Ende des Jahres aus. Nun strebt er an, den Handy-Check-In regulär einzuführen. Ob und wann das klappt? Noch offen.

Sorgenkind Bus

Ganz praktische Probleme machen dem Visionär Rosenbusch die MVV-Busse. In der Stadt dürfen sie (anders als die Busse der MVG) nicht auf den Busspuren fahren, es gibt Probleme, genug Fahrer zu finden, die für den Lohn in München und der Region arbeiten wollen.

Und: Rosenbusch hält die Fahrzeuge für nicht mehr zeitgemäß an einem Standort, an dem viele Fahrgäste hohe Ansprüche hätten. "Stellen Sie sich vor, sie arbeiten in Unterföhring bei Pro7 und verdienen 120 000 Euro im Jahr", sagt er, "da wollen Sie doch nicht auf so einem Plastiksitz sitzen."

Er will nun massiv in den Komfort der Busse investieren - und das nicht nur bei den Sitzen. Man brauche zum Beispiel dringend neue Lichter, damit Fahrgäste beim Aussteigen sehen können, ob dort eine Pfütze droht.