Bayern

Münchner zofft sich mit Tesla - und bekommt vorläufig Recht

Constantin Schwaab zieht vor Gericht gegen den US-Riesen. Grund: Teslas Ladesäulen entsprechen nicht geltendem Recht. Ein Millionenschaden droht.


Constantin Schwaab in seiner Wirelane-Firmenzentrale an der Von-der-Tann-Straße 12. Er steht neben seiner firmeneigenen Ladesäule. Seine Mitarbeiter fahren zwar noch weiterhin Tesla, er selbst jedoch nicht mehr.

Constantin Schwaab in seiner Wirelane-Firmenzentrale an der Von-der-Tann-Straße 12. Er steht neben seiner firmeneigenen Ladesäule. Seine Mitarbeiter fahren zwar noch weiterhin Tesla, er selbst jedoch nicht mehr.

Von Hüseyin Ince

Die Geschichte über den Streit zwischen Wirelane-Chef Constantin Schwaab und Tesla Deutschland beginnt eigentlich mit einer großen Liebeserklärung. Schwaab, studierter Politikwissenschaftler und früher ein großer Tesla-Fan, kaufte sich 2013 aus Überzeugung eines dieser schillernden, emissionsfreien Elektroautos.

Doch wie das dann so häufig passiert: Diese Liebe ist inzwischen zerbrochen. Was bevorsteht, ist nun ein größerer Rechtsstreit - weil die Tesla-Ladesäulen in Deutschland offenbar nicht geeicht sind. In den kommenden Tagen wird über eine einstweilige Verfügung entschieden, die Wirelane gegen Tesla eingereicht hat. Diese liegt der AZ exklusiv vor.


Elon Musk, der so geniale wie manchmal wahnwitzige Tesla-Chef
, "hat mir damals den Tesla persönlich in München übergeben", erzählt Schwaab am Telefon. Schließlich ist er einer der ersten Kunden in Deutschland gewesen. Schwaab bekam zum Vertrag noch auto-lebenslang kostenfrei Strom von den Tesla-Ladesäulen zugesichert.

Musk und Schwaab plauderten nach dem Handschlag noch ein wenig. Mehr Übergabe-Event geht kaum.

"Musk bestärkte
mich, Wirelane
zu gründen"

Eine Frage war Schwaab damals besonders wichtig. Und er stellte sie: "Werden sich die Tesla-Systeme auch anderen Anbietern gegenüber öffnen und zugänglich sein?", wollte er wissen. "Sure", na klar, antwortete Musk mit seiner berühmten Lockerheit.

Damals war der US-Amerikaner noch ein großes Unternehmer-Vorbild für Schwaab - mit seiner Hartnäckigkeit sowie der großen Risikofreude.

Mit Musks Antwort war auch seine eigene Geschäftsidee geboren: "Ich habe in dem Moment beschlossen, irgendwann Wirelane zu gründen", erinnert sich Schwaab. Die Idee: Ladesäulen aufzustellen und zu betreiben und damit die notwendige Ladeinfrastruktur für Elektroautos schaffen.

Was damals noch eine recht gewagte Idee war - keiner wusste 2013, wie sich Elektromobilität entwickeln würde - läuft heute gut: Mehr als 60 000 Ladetransaktionen finden monatlich statt. Schwaab hat sein Unternehmen im Jahr 2016 gegründet. Der Firmensitz liegt prominent an der Von-der-Tann-Straße, nahe Odeonsplatz.


Das muss man sich erst einmal leisten, sein Büro zentral dorthin zu stellen, auch wenn die Zahl der Mitarbeiter noch übersichtlich wirkt. Laut Homepage sind bei Wirelane dort 65 Leute fest angestellt beschäftigt.

Schwaab hat nach eigenen Angaben inzwischen mehr als 10 000 Ladesäulen in der EU aufgestellt, 80 Prozent davon in Deutschland. Bei ihm kann man sich auch eine Wallbox kaufen und daheim installieren lassen - sozusagen eine persönliche Stromtankstelle für das E-Auto.

Doch vor etwa drei Jahren musste Schwaab noch mal einige Millionen in die Hand nehmen und seine Ladesäulen modernisieren. Denn das bayerische Eichamt war plötzlich auf seiner Türmatte gestanden. Seine Ladesäulen seien nicht geeicht.


Auch Benzin- sowie Diesel-Tanksäulen müssen in Deutschland geeicht sein.
Das erkennt man in Bayern an kleinen gelben und grünen Aufklebern. Das offizielle, institutionelle Eichen dient dem Verbraucher und sorgt dafür, dass die abgegebene Menge an Strom oder Kraftstoff auch tatsächlich der Menge auf der Rechnung entspricht.

Schwaab hatte bald nach seiner Investition auch die Frage im Kopf, ob die Ladesäulen von Tesla eigentlich geeicht sind. Wie Musk damals versprochen hatte, öffnete sich die Tesla-Infrastruktur für andere Unternehmen. Heute kann jeder E-Auto-Fahrer auch an einer Tesla-Ladesäule Strom tanken, per CCS-Stecker, über den E-Autos in den allermeisten Fällen verfügen.

Doch tatsächlich waren die Tesla-Säulen nicht geeicht. Wirelane schrieb einige Betreiber von Tesla-Säulen an, darunter auch Hotels, das die abgegebene Menge Strom nicht der tatsächlichen Menge entsprechen könnte. Prompt erhielt Schaars Unternehmen eine Abmahnung von Tesla. "Wir haben daraufhin Ende 2022 das Gespräch mit Tesla gesucht", erzählt Schwaab - vergeblich.

Weil aber Tesla laut Schwaab auch weiterhin ungeeichte Stromladesäulen betreibt, schlägt er nun zurück. Seine Anwälte haben die einstweilige Verfügung in Frankfurt am Main eingereicht. Vorläufiger Streitwert: 100 000 Euro.

"Entscheidet das Gericht, dass die Verfügung berechtigt ist, müsste Tesla wahrscheinlich umgehend Tausende Ladesäulen stilllegen", sagt Schwaab.

Und wenn der Verfügung nicht stattgegeben wird? "Dann verklage ich Tesla. Das ziehe ich durch", ist Schwaab entschlossen. Tesla könnte ein Millionenschaden drohen.