Bayern
Karstadt-Aus: Harte Kritik an OB Dieter Reiter
20. März 2023, 18:21 Uhr aktualisiert am 20. März 2023, 18:21 Uhr
Eine Woche und einen Tag ist es her, dass die Mitarbeiter von Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) zwischen Stachus und Hauptbahnhof erfahren haben, dass ihre Filiale schließen soll. Immobilienmilliardär René Benko und seine Signa wollen den Standort ersatzlos streichen. Zu dem geplanten Umzug in das denkmalgeschützte Hermann-Tietz-Haus (früher Hertie) am Hauptbahnhof soll es nicht mehr kommen. Signa will das Gebäude, das derzeit saniert wird, offenbar anders nutzen (AZ berichtetei).
Andere Stadtchefs haben Schließung abwenden können
Insgesamt 250 Mitarbeiter - davon mindestens 70 Prozent Frauen, die in Teilzeit arbeiten - werden sich eine neue Arbeit suchen müssen. Auffallend: Während in anderen Städten, in denen ebenfalls Filialen auf der Streichliste stehen, Bürgermeister für den Erhalt kämpfen - und in zwei bayerischen Städten bereits Erfolg hatten - bleibt die Münchner Stadtspitze sehr zurückhaltend. "Andere setzen sich ein, München macht gar nichts", kritisiert Betriebsratschef Eduard Wölbitsch (60). "Von unserem Oberbürgermeister kommt kein Bedauern, kein gar nichts", sagt er.
Besonders geärgert hat er sich über OB Dieter Reiter (SPD) am vergangenen Freitag: Da hatte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zu einer Videokonferenz geladen, bei der es um die Zukunftschancen für die acht bayerischen Kaufhäuser auf der Streichliste ging: die Filialen am Hauptbahnhof in München, in Coburg, in Nürnberg-Königstraße, Nürnberg-Langwasser, Regensburg-Neupfarrplatz, Rosenheim, Schweinfurt und Kempten. Teilnehmer waren Galeria-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, Galeria-Chef Miguel Müllenbach, Gewerkschaftsvertreter und Betriebsräte. Zudem waren alle Oberbürgermeister eingeladen. "Alle waren da, nur der Münchner Oberbürgermeister nicht", sagt Eduard Wölbitsch. Hubert Thiermeyer von Verdi ergänzt: "Alle haben über ihre Anstrengungen berichtet - nur für München: völlige Leerstelle! Wir waren entsetzt."
Dieter Reiter hatte sich durch Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) vertreten lassen. Dieser habe in der Konferenz mitgeteilt, dass er derzeit nichts sagen könne. "Alle setzen sich ein, nur München macht gar nichts", schimpft Betriebsrat Wölbitsch.
Auf AZ-Anfrage zu der Kritik und warum er nicht teilgenommen hatte, reagierte Dieter Reiter gestern scharf. "Im Gegensatz zur weder qualifizierten noch irgendwie sachlich zutreffenden Wortmeldung von Herrn Wölbitsch und Verdi geht es mir ausschließlich um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Galeria Kaufhof", teilte er mit. Er habe sich schon bei früheren Schließungsentscheidungen, die getroffen wurden, "in mehreren Gesprächen bei mir im Büro ganz persönlich für Verlängerung von Arbeitsverhältnissen und vernünftige Sozialpläne eingesetzt".
Über seine Terminplanung werde er auch künftig selber entscheiden. Im Übrigen habe für Verdi ja auch nicht der Bundesvorsitzende teilgenommen.
Verdi-Mann Thiermeyer: "Wir fordern den Oberbürgermeister dringend dazu auf, sich für den Standort in München stark zu machen. Das hat dieses Traditionshaus verdient!"