Bayern

Halbzeit für Grün-Rot: So streng ist die Sicherheitspolitik in München

München sollte eine liberalere Großstadt mit weniger Verboten werden - auch dieses Ziel haben sich Grüne und SPD gesetzt. Was hat sich konkret verändert?


Der Kommunale Außendienst soll reformiert werden. Wie, das soll sich heuer entscheiden.

Der Kommunale Außendienst soll reformiert werden. Wie, das soll sich heuer entscheiden.

Von Christina Hertel

München - München ist die sicherste deutsche Großstadt - und zwar seit 47 Jahren. Diese Bilanz zog die Polizei vor Kurzem. Die Ziele, die sich Grüne und SPD in diesem Bereich in ihrem Koalitionsvertrag steckten, zielten also nicht darauf ab, noch mehr Polizisten, Kameras, und Kontrolleure einzusetzen. Sondern im Gegenteil. "Für uns kommen Angebote und Prävention vor Verboten" heißt es da. Was ist draus geworden?

Hilfssheriffs werden die Sicherheitswachtler gerne genannt. Sie dürfen Platzverweise erteilen, Identitäten überprüfen und Daten an die Polizei übermitteln. Seit Jahren ist der Dienst in Schwabing, Sendling, Perlach, Neuhausen, Milbertshofen und im Olympiapark unterwegs. Die Stadt lehnt den Einsatz jedoch ab. Allerdings nutzt das nicht viel. Die Polizei entschied im Herbst trotzdem, die Sicherheitswacht in München um 50 auf 150 Ehrenamtliche aufzustocken. In Einzelfällen hat der Widerstand aber Erfolg: Das Westend wehrte sich erfolgreich und bekam keine Wacht.

"KAD" steht für "Kommunaler Außendienst". Die Dienstkräfte sind im Auftrag der Stadt in marineblauen Uniformen, aber unbewaffnet rund um den Hauptbahnhof unterwegs. Sie sollen Menschen auf Regeln hinweisen und dürfen Platzverweise ausstellen. Mit der Arbeit an dem Reformkonzept hat das KVR begonnen. Im Laufe des Jahres will es den Stadtrat informieren.

Nicht geschafft. Bis April 2024 hat der Stadtrat das Verbot noch einmal verlängert. Bis dahin soll eine Studie mehr Klarheit bringen.

Weil es "wegen Bettelns massive Beschwerden" von Bürgern gegeben habe, hat die Stadt 2014 Regeln aufgestellt. Seitdem ist "aggressives Betteln" innerhalb des Altstadtrings und des Hauptbahnhofviertels verboten. In der Fußgängerzone und auf dem Viktualienmarkt ist Betteln generell nicht erlaubt. Die Polizei kontrolliert das, verteilt Platzverweise und Bußgelder. Wer sie weder befolgt noch Strafen zahlt, dem drohen bis zu vier Wochen Gefängnis.

Bisher hat der Stadtrat keinen Beschluss zum Betteln getroffen. Das KVR teilt mit, dass es stilles Betteln als "Gemeingebrauch der Straße" definiere. Das heißt: Der öffentliche Raum ist für alle da, niemand darf grundlos ausgeschlossen werden. Gespräche mit der Polizei laufen laut KVR bereits. Sie sollen intensiviert werden.

Die Stadt führt keine eigene Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen durch, sondern die Polizei - und zwar dauerhaft am Hauptbahnhof, Stachus und am Sendlinger-Tor-Platz. Zeitlich begrenzt überwacht die Polizei mit Video auf dem Oktoberfest, dem Christkindlmarkt am Marienplatz und am Rosenmontag und Faschingsdienstag, sowie Silvester auf dem Marienplatz. Eine Ausweitung ist laut KVR nicht geplant. Ein Gutachten hat das Rathaus bisher nicht erstellt - allerdings müsste dies laut KVR auch die Polizei tun. Das KVR will das bei einer der nächsten Sitzungen ansprechen.

Verwaltung und Polizei wollen eine "neue und noch effizientere Verfahrenspraxis" entwickeln, schreibt das KVR. Das Abschleppen kann aber nur die Polizei München anordnen. Um die Kommunikation zwischen Polizei und Verkehrsüberwachung zu verbessern, sei bereits ein neues Konzept entwickelt worden. Außerdem sollen zur Geschwindigkeitsüberwachung zwei mobile Geräte angeschafft werden, die rund um die Uhr und auch über mehrere Tage hinweg an Schwerpunktorten aufgestellt werden.

Hier ist das KVR ambitioniert: Aktuell sind 102 Angebote im KVR digital nutzbar. Dieses Jahr werden im Bereich der Aufenthaltserlaubnisse, der Fahrerlaubnisse, des Waffenwesens und im Büro neue Dienstleistungen dazu kommen. "Unser Ziel ist es, dass alle Dienstleistungen in Zukunft digital genutzt werden können", so das KVR.

Für internationale Fachkräfte hat das KVR in der Ausländerbehörde ein Servicecenter eingerichtet. Für ausländische Studierende gibt es zudem seit Juni und für den Rest seit September extra Notfalltermine.

Die Warteschlangen "gehören seitdem der Vergangenheit an", schreibt das KVR. Außerdem hat das KVR seine Kapazitäten erhöht und bietet bis zu 1200 zusätzliche Termine wöchentlich an. Das Servicetelefon hat 12,5 neue Stellen bekommen. Momentan erarbeitet das KVR ein Konzept, um Dolmetscher einzusetzen - und zwar nicht nur vor Ort, sondern auch über Videotelefonie oder über eine professionelle Übersetzungsapp.

Ja - der Stadtrat ist das Thema angegangen. Aber, ob die Reform gelungen ist? Darüber lässt sich streiten. Der Migrationsbeirat wird seit Neuestem nicht mehr ausschließlich direkt gewählt. Es kommen zehn Mitglieder dazu, die der Stadtrat benennt. Die SPD und der Beirat waren dagegen. Die Grünen setzten die Reform mit der CSU durch. Die Wahlbeteiligung lag bei der Wahl vor gut einer Woche trotzdem bloß bei 3,1 Prozent. Künftig will das KVR dafür sorgen, dass die Wahl des Beirats zusammen mit der Kommunalwahl stattfindet.

Umgesetzt, aber unter einem anderen Namen: Der ehemalige Stadtrat Marian Offman (SPD), der der seit Jahrzehnten in der Israelitischen Kultusgemeinde aktiv ist, wurde "Beauftragter für den interreligiösen Dialog".

Er soll die verschiedenen Religionsgemeinschaften zusammenbringen.