Headhunter

Für Firmen auf der Jagd


Die beiden Headhunter Stefan Schlegel (l.) und Marcel Wegner.

Die beiden Headhunter Stefan Schlegel (l.) und Marcel Wegner.

Marcel Wegner und Stefan Schlegel sind seit 14 Jahren in der Headhunter-Branche tätig. Vor drei Jahren haben sich die beiden selbstständig gemacht und die Firma Bavaria Headhunter mit Sitz in Weihmichl (Kreis Landshut) gegründet.

Die beiden Personalberater vermitteln Fach- und Führungskräfte in Niederbayern, der Oberpfalz und dem Großraum München. Den unter 35-Jährigen das Arbeiten im ländlichen Raum schmackhaft zu machen sei schwierig, sagen sie. Der Fachkräftemangel mache die Situation der Firmen auf dem Land nicht einfacher. Trotzdem sehen Wegner und Schlegel keinen Grund für die Unternehmen, den Kopf in den Sand zu stecken.

Herr Wegner, Herr Schlegel, Sie sind Kopfjäger. Muss man vor Ihnen Angst haben?

Marcel Wegner: Nein. Aber der Beruf war in der Tat vor ein paar Jahren noch mit Vorurteilen belegt. Bei vielen Firmen galt es als anrüchig, einen Headhunter zu engagieren. Was könnten da bloß die Leute beziehungsweise die Mitbewerber denken. Die Angst vor dem – wie sagt man in Bayern so schön – Ausgerichtet-Werden war groß. Mit dem Fachkräftemangel hat sich die Einstellung aber komplett verändert. Die Firmen kommen an uns nicht mehr vorbei.

Welche Einstellung haben Arbeitnehmer gegenüber einem Job im ländlichen Raum?

Stefan Schlegel: Vor allem bei den jungen Leuten herrscht die Meinung vor: Will ich beruflich weiterkommen, muss ich mir einen Job in der Stadt suchen. Auf junge Arbeitnehmer hat die Stadt eine große Anziehungskraft. Für die pulsiert dort das Leben. Da steppt der Bär. Die nehmen dann auch höhere Lebenshaltungskosten in Kauf. Außerdem muss man bedenken: Die jungen Leute haben in einer Stadt studiert, haben damit einen Bezug und auch schon einen Freundeskreis. Da schaut man sich nach dem Abschluss natürlich erst dort nach einem Arbeitgeber um. Als Headhunter tut man sich deshalb schwer, den jungen Leuten das Arbeiten im ländlichen Raum schmackhaft zu machen.

Sie sprechen von jungen Arbeitnehmern: Von welcher Altersspanne reden wir und was ist die Einstellung älterer Arbeitnehmer?

Schlegel: Ab 35 findet ein Umdenken statt. Für viele wird der ländliche Raum ab diesem Alter attraktiv. Ein eigenes Haus bauen, die Kinder in einer besseren Umgebung als einer Stadt großziehen, sind hier nur zwei der Beweggründe. Ab 35 Jahren setzt man auch in puncto Freizeitwert andere Prioritäten. Disco und ein umfangreiches Angebot für das Nachtleben sind nicht mehr so wichtig. Und der ländliche Raum bietet mit viel Natur zahlreiche Möglichkeiten für Freizeitbeschäftigungen und Erholung. Die Work-Life-Balance spielt mittlerweile eine sehr große Rolle.

Ist denn an dieser Meinung „Wenn ich beruflich etwas erreichen will, muss ich in die Stadt“ überhaupt etwa dran?

Wegner: Die Firmen im ländlichen Raum müssen sich nicht verstecken. Hier in Ostbayern gibt es viele gute Unternehmen – vom kleinen Mittelständler bis zur großen Firma –, die einiges zu bieten haben. Das ist aber vielen Arbeitnehmern, aber auch Arbeitgebern nicht klar.

Gibt es eine Besonderheit, auf die sich ein Arbeitnehmer bei Unternehmen im ländlichen Raum einstellen muss?

Wegner: Arbeitnehmer müssen sich bewusst sein, dass eine andere Unternehmenskultur herrscht. Die Firmen sind meist in Familienhand, die Hierarchien mitunter flacher, eine langfristige Bindung erwünscht und der Arbeitnehmer ist bestenfalls nicht nur eine Nummer, sondern der Chef kennt den Mitarbeiter und hat vielleicht sogar Einblick in die private Lebenssituation. Das muss man mögen.

Worüber müssen sich die Firmen im ländlichen Raum bei der Suche nach Fach- und Führungskräften im Klaren sein?

Schlegel: Dass die wirklich guten Leute – wenn sie nicht gerade völlig frustriert in ihrem Job sind – einen Arbeitsplatz haben und somit keinen Grund sehen, zu wechseln. Eine Stellenausschreibung schauen die dann nicht einmal an. Hier setzt unsere Tätigkeit als Headhunter an.

Wie machen Sie Arbeitnehmern einen Job im ländlichen Raum schmackhaft? Mit mehr Geld?

Schlegel: Nein. Mehr Geld ist in den seltensten Fällen der Wechselgrund. Wir müssen auch der Meinung widersprechen, dass man bei einer Firma in der Stadt besser verdient als auf dem Land. Die Lohnschere zwischen Stadt und Land ist nicht so groß.

Welche Gründe bewegen Arbeitnehmer dann, sich auf einen Jobwechsel einzulassen?

Wegner: Hier kommen Faktoren wie Unzufriedenheit, keine Aufstiegschancen, Mobbing oder zu lange Pendlerstrecken zum Tragen.

Sind Zusatzleistungen ein Lockmittel?

Schlegel: Natürlich haben die Unternehmen die Möglichkeit, die potenziellen Arbeitnehmer mit Zusatzleistungen zu locken. Wir stellen jedoch immer wieder fest, dass viele Firmen gar nicht wissen, welche steuerfreien Leistungen sie anbieten können. Hier sehen wir großen Nachholbedarf.

Welche Zusatzleistungen gibt es?

Schlegel: Hierzu gehört zum Beispiel, dass der Chef dem künftigen Mitarbeiter anbietet, dass er einen Tag pro Woche von zu Hause aus arbeiten kann. Die Vier-Tage-Woche für Führungskräfte ist stark im Kommen. Möglich sind auch Kindergartenzuschuss, Fahrtgeld, Fitnessstudiobeitrag, Erfolgsprämien oder die Kostenübernahme inklusive Freistellung bei Weiterbildung. Wir hatten auch schon ein Unternehmen, das hat seinem zukünftigen Mitarbeiter – eine Führungskraft – ein Grundstück für den Hausbau in Aussicht gestellt.

Das ist alles sehr materiell ausgerichtet.

Wegner: Bei der Entscheidung für einen neuen Job spielt für den Arbeitnehmer zu etwa 30 Prozent die Stelle an sich eine Rolle, beim Rest kommt es auf das persönliche Befinden an. Was vielen Firmenchefs nicht immer bewusst ist: Die Bedeutung des Faktors Mensch nimmt zu. Wertschätzung ist den Arbeitnehmern sehr wichtig. Und wenn es nur fünf Minuten sind, die sich der Chef mit einem Mitarbeiter pro Tag abgibt.

Wie sehr macht den Firmen im ländlichen Raum der Fachkräftemangel zu schaffen?

Schlegel: Sowohl in der Stadt als auch auf dem Land haben die Unternehmen zu kämpfen, um Fachkräfte zu locken. Bei den Firmen steht keiner mehr Schlange. Vielmehr sind die Arbeitgeber heutzutage bei Bewerbungen in der Defensive. Das führt zu ganz neuen Situationen.

Welche sind das?

Wegner: Wir haben schon Personaler und Firmenchefs völlig perplex erlebt, weil sie in einem Bewerbungsgespräch dem Bewerber genau erklären mussten, was sie ihm zu bieten haben und nicht andersherum. Hier spielt auch mit hinein, dass die jungen Arbeitnehmer einer Generation angehören, die völlig anders tickt als die Generationen vor ihnen. Die binden sich nicht für ihr ganzes Arbeitsleben an nur eine Firma und sind schnell wieder weg, wenn sich ihre Erwartungen an den Job nicht erfüllen.

Bei manchem Firmenchef muss also ein Umdenken stattfinden?

Wegner: Manchmal stimmt auch das Bild nicht, das die Chefs von ihrem Unternehmen haben. Da passen Selbst- und Fremdwahrnehmung nicht zusammen und so kommt es zu unrealistischen Erwartungen an die Bewerber. Als Headhunter musst du erst mal das Bild geraderücken. Der ein oder andere Firmenchef schluckt da schon mal kurz.

Der Fachkräftemangel dürfte auch Ihre Geschäfte beflügeln, oder?

Wegner: Der Bedarf für die Dienste eines Headhunters sind angesichts des Fachkräftemangels sehr hoch. Wir müssen aber sagen, dass Unternehmen, die auf Mitarbeitersuche mithilfe eines Headhunters gehen, bereits stark aufgestellt sind. Die wollen nicht mehr wachsen, sondern die Qualität des Unternehmens ausbauen.

Wie sieht die Kernaufgabe Ihrer Tätigkeit aus?

Schlegel: Wir nehmen den suchenden Arbeitgeber an die Hand. Bevor er das erste Mal mit einem potenziellen neuen Mitarbeiter spricht, sind viele wichtige Fragen bereits weitgehend abgeklärt: Gehalt, Zeitpunkt des Eintritts in die Firma, Zusatzleistungen etc. Idealerweise entscheidet dann nur noch der Faktor Sympathie über die Frage der Einstellung.

Wie viel Zeit kann so eine Vermittlung in Anspruch nehmen?

Schlegel: Einen Durchschnittswert gibt es nicht. Das kann von zwei Wochen bis zu mehreren Monaten dauern.

Wie erfolgreich sind die Vermittlungen in der Regel?

Wegner: 90 Prozent der Arbeitnehmer, die wir vermitteln, kommen aus der Region. Die Vermittelten bleiben auch langfristig beim Unternehmen. Der Grund hierfür ist: Diese Arbeitnehmer kündigen meist aus einem sicheren Job heraus. Der Wechsel ist also keine Bauchentscheidung, sondern sehr gut überlegt.

Interview: Valerie Tielich

Bernd Köck.

Bernd Köck.

Keine Arbeitgeber zweiter Klasse

Die Mitarbeiter-Akquise auf dem Land ist nicht immer leicht. Zwei Erfahrungsberichte.

Bernd Köck, Hauptgeschäftsführer des Ingenieurunternehmens IFB Eigenschenk aus Deggendorf sagt, dass es in der Bau- und Ingenieurbranche derzeit mehr Arbeit als Personal gibt. Aufgrund dieser Situation müssten sich Arbeitgeber aktiv um Arbeitnehmer bemühen, nicht umgekehrt. „Auf der Suche nach Mitarbeitern bekommen wir den demografischen Wandel zu spüren, aber auch, dass die jungen Leute aus dem ländlichen Raum abwandern“, sagt Köck.

Sehr schwierig sei es, Arbeitnehmer, die schon länger im Berufsleben stehen, anzuwerben. „Die sind bei einer Firma verwurzelt und haben einen festen Lebensplan.

Stimmen zudem noch die Rahmenbedingungen, kriegt man die dort schwer raus.“ Junge Arbeitnehmer seien hingegen in ihrer Lebensplanung noch nicht so fest gefügt und dadurch mitunter offener.

Oft falle bei einem Bewerber auch ins Gewicht, ob er oder sie liiert ist. Dann spielt bei der Entscheidung für einen neuen Arbeitsplatz eine Rolle, ob der Partner in der Region einen Job findet. „Da tun sich Paare in einer Großstadt leichter als auf dem Land“, sagt Köck.

Mit dem Gehalt könnten Firmen im ländlichen Raum nicht wuchern, das falle in der Stadt höher aus. Köck weist die Bewerber dann auf die Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten hin. „Da fällt die Bilanz für den ländlichen Raum schon wieder ganz anders aus.“ Bewerber hat die Firma aus ganz Deutschland. Was Geschäftsführer Köck manchem klarmachen muss: „Nur weil wir unseren Sitz im ländlichen Raum haben, sind wir keine Hinterwäldler. Unsere Arbeit und was wir den Mitarbeitern bieten, ist nicht zweiter Klasse.“

Rudolf Bachhuber.

Rudolf Bachhuber.

Rudolf Bachhuber vom gleichnamigen Hotelinneneinrichter aus Bad Birnbach (Kreis Rottal-Inn) und Pocking (Kreis Passau) sagt, dass seine Firma potenzielle Arbeitnehmer unter anderem über soziale Medien akquiriert. Aber auch über Mundpropaganda und Empfehlungen verzeichne er Erfolge. Ihm ist bewusst: „Viele Arbeitnehmer wollen nicht aufs Land.“

Zugute kommt seiner Firma bei der Akquise, dass Bachhuber international tätig ist. „Für junge Leute ist das interessant.“ Nach seiner Erfahrung sprechen junge Bewerber auch die kurzen Entscheidungswege und flache Hierarchien an, die typisch sind für viele Mittelständler im ländlichen Raum. „Denen gefällt, wenn sie nicht nur eine Nummer sind.“ So ist zum Beispiel der Chef seiner Projektleiter gerade einmal 30 Jahre alt.

Als Pluspunkt für Firmen im ländlichen Raum sieht Bachhuber die Digitalisierung. Seine Mitarbeiter könnten so überall arbeiten und seien nicht die komplette Arbeitszeit an den Firmensitz gebunden. „Meine Bauleiter müssen höchstens nur noch einmal im Monat nach Bad Birnbach kommen.“