Politischer Unterricht

Forscher sieht weiteren Bedarf an Schul-Demokratiebildung


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Schülerinnen und Schüler einer elften Klasse nehmen am Wittelsbacher Gymnasium in München an einer «Verfassungsviertelstunde» teil. Sie soll ab dem kommenden Schuljahr landesweit im Freistaat den Schülern die Werte der Demokratie näherbringen. (Archivbild)

Von dpa

Vor dem Start der "Verfassungsviertelstunde" an den bayerischen Schulen sieht der Augsburger Pädagogikprofessor Klaus Zierer aufgrund einer Umfrage unter Lehrern weiteren Nachholbedarf bei der Demokratiebildung. "Demokratie braucht Demokraten und Schule ist der zentrale Ort für Demokratiebildung", sagte der Ordinarius für Schulpädagogik der Augsburger Universität.

Bayern will zum Beginn des kommenden Schuljahres die sogenannte Verfassungsviertelstunde an allen Schulen starten, allerdings wird dieser politische Unterricht zunächst nicht in allen Jahrgangsstufen angeboten. Die "Verfassungsviertelstunde" soll einmal pro Woche in der normalen Unterrichtszeit und abwechselnd in verschiedenen Fächern abgehalten werden.

Zierer initiierte deswegen eine Schnellumfrage im Juli 2024 unter Lehrerinnen und Lehrern im Freistaat. Es hätten 317 Lehrpersonen aus verschiedenen Schulformen teilgenommen, erklärte er. Damit erreicht die Teilnehmerzahl allerdings nicht die 1.000er Marke, die bei Umfragen oftmals als repräsentativ gilt. Zierer sprach von einer "Stichprobe", die "eine Basis für allgemeine Schlussfolgerungen" sei.

Die Lehrkräfte konnten 30 Thesen auf einer Skala von 1 (stimme nicht zu) bis 4 (stimme zu) bewerten. Die Aussage "An unserer Schule werden Gesellschaftsthemen
kontrovers diskutiert" erhielt beispielsweise einen Mittelwert von 2,98.

Die Umfrage belege, dass es an den Schulen bereits viele gute Ansätze zur Förderung
der Demokratiebildung gebe, sagte Zierer. "Die strukturelle Verankerung zeigt sich ausbaufähig, wozu die "Verfassungsviertelstunde" einen Beitrag leisten kann, aber mit Sicherheit nicht ausreichend ist."

Laut Zierer hat die Umfrage gezeigt, dass demokratiebildende Methoden im Unterricht wie
etwa Dilemma-Diskussionen, bei denen gegensätzliche Handlungsoptionen erörtert werden, nur eine Bewertung von rund 2,59 erzielen und damit selten vorzufinden sind. Dabei seien diese Methoden gerade im Hinblick auf ihre Wirksamkeit empirisch umfänglich untersucht und dürften in keinem Demokratiebildungskonzept fehlen.

Demokratische Strukturelemente wie Schulversammlungen oder Schülerparlamente
sind laut der Umfrage einerseits zwar mehrheitlich vorhanden (3,19). Der Meinungsbildungsprozess laufe aber oft zufällig ab und habe keine strukturelle Verankerung (2,32), erläuterte Zierer die Ergebnisse.

Zierer zählt zu den bekanntesten Schulpädagogen in Deutschland. Er arbeitet auch seit Jahren mit dem neuseeländischen Bildungsforscher John Hattie zusammen. Hattie hatte vor mehr als einem Jahrzehnt mit seiner Studie "Visible Learning" für weltweite Aufmerksamkeit gesorgt. Diese Untersuchung wird oftmals für neue pädagogische Ansätze herangezogen und von Hattie und Zierer durch die Auswertung weiterer wissenschaftlicher Ergebnisse fortgeschrieben.


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