Sturm, Hagel und Donner sind seine Elemente: Tobias Hartl aus Kirchberg im Wald (Landkreis Regen) ist "Stormchaser" - ein Gewitterjäger. Er fotografiert Unwetter und nimmt für gute Bilder auch schon mal mehrere hundert Kilometer Fahrt auf sich. Die Fotos veröffentlicht er im Anschluss auf seiner Facebook-Seite. Im Interview spricht der 27-Jährige über seine Leidenschaft für Wetterextreme, die Gefahr beim Fotografieren im Freien und sein "ideales" Gewitter.

Herr Hartl, wissen Sie noch, wann und wo Sie Ihr erstes Gewitter fotografiert haben?

Tobias Hartl: Ja, das weiß ich noch ganz genau. Das war ein schweres Hagelunwetter am 1. Juli 2012 bei Langdorf (Landkreis Regen, Anm. d. Red). Das war der Beginn einer langen Reise. Damals hat mich einfach interessiert, was wirklich passiert, wenn das Radarbild so aussieht. Und daraus wurde mittlerweile ein Hobby, fast schon eine Sucht.

Die meisten Menschen bleiben bei Gewittern lieber zuhause. Sie zieht es dann erst recht nach draußen. Woher kommt diese Leidenschaft für Wetterextreme?

Hartl: Schon als kleines Kind hat mich das Wetter fasziniert. Angefangen hat es mit Schnee. Ich bin teilweise um 4 Uhr morgens aufgestanden, um mich am frisch gefallenen Schnee erfreuen zu können. Und im Sommer bei Gewittern, da hielt es mich auch nie im Haus. Ich musste da immer hautnah dabei sein, den Regen spüren und den Blitz samt Donner sehen und hören. Und mit 18 und einem eigenen Führerschein ergab sich schließlich die Möglichkeit, Gewitter aktiv zu verfolgen und sie zu fotografieren und zu dokumentieren. Von da an fuhr ich jedes Jahr immer mehr Kilometer und sah auch immer mehr und stärkere Gewitter.

Gibt es denn für einen Fotografen das "ideale Gewitter"? Oder ist es gerade die Ungewissheit, was einen erwartet, die das Fotografieren so reizvoll macht?

Hartl: Das "ideale Gewitter" sieht bei jedem Fotografen anders aus, aber wohl jeder hat eine Wunschvorstellung. Bei mir ist es ein freistehendes Gewitter unter dem Sternenhimmel. Es gibt nichts Schöneres. Aber auch Gewitter mit ordentlich Struktur sind nicht zu vergessen. Gewissermaßen ist immer das Gewitter vor der Kameralinse das Ideale. Denn das Wetter ist kein Wunschkonzert. Mal gewinnt man, mal fährt man 500 Kilometer und es passiert gar nichts.

Was sagt Ihr Familien- und Bekanntenkreis zu Ihrem Hobby?

Hartl: Mittlerweile sind viele tatsächlich fasziniert, wie "schön" Gewitter sein können. Am Anfang war das noch etwas anders. Ich wurde schon öfter für verrückt erklärt, hunderte Kilometer für ein paar Wolken zu fahren.

Ist es nicht auch gefährlich, Blitze und Stürme im Freien zu fotografieren?

Hartl: Gefährlich ist es allemal. Aber im Großen und Ganzen ist das Risiko beherrschbar - wenn man weiß, was man tut. Es ist gefährlich, wenn man sich in den Kern eines Gewitters wagt, wo man schon vorher weiß, dass großer Hagel vorhanden ist. Oder es zu Sturm und umstürzenden Bäumen kommt. Angst vor Blitzen habe ich jedoch nicht, auch wenn es schon ein paar Mal sehr knapp war. Einmal schlug der Blitz nur etwa 50 Meter neben mir in den Acker ein. Ich war aber der höchste Punkt im Umkreis. Es heißt ja immer, vom Blitz getroffen zu werden sei ungefähr so wahrscheinlich wie ein Lottogewinn. Ich persönlich würde lieber im Lotto gewinnen.

Welche Kamera haben Sie eigentlich dabei, wenn Sie auf die Jagd nach Unwetter-Bildern gehen?

Hartl: Ich besitze eine Canon 5D Mark III, eine Profikamera, die schon sehr robust ist und auch den stärksten Regen übersteht.

Es ist vermutlich auch nicht ganz leicht, scharfe Bilder zu bekommen, wenn einem Wind und Regen um die Ohren wehen...

Hartl: Die größte Herausforderung ist, den idealen Standort zu finden. Idealerweise auf einer Anhöhe mit gutem Blick auf das Gewitter, aber auch einer guten Verkehrsanbindung, um sich schnell wieder vor das Gewitter setzen zu können. Denn Gewitter sind vorne am schönsten. Wenn der Standort passt, kommt die Kamera aufs Stativ und der Spaß kann beginnen. Zumindest bis der Regen kommt. Regen ist der größte Feind eines Stormchasers, denn mit Regentropfen auf der Linse macht man keine guten Bilder mehr. Man kann deswegen sagen: Ein guter Gewitter-Fotograf wird nicht nass.

Letzte Frage: Was schätzen Sie, wie viele Bilder haben Sie mittlerweile wohl geschossen?

Hartl: Grob geschätzt sind es sicher zwischen 250.000 und 300.000 Bilder. An einem guten Tag können schon mal 2.500 Fotos auf der Speicherkarte landen.