Europawahl
Das sagen Politiker aus der Region zum Wahl-Ergebnis
27. Mai 2019, 9:47 Uhr aktualisiert am 6. April 2023, 9:31 Uhr
Europa hat gewählt - und den großen Volksparteien damit ein unangenehmes Erwachen beschert. Auch in der Region schwanken die Reaktionen auf das Wahlergebnis zwischen Schock und Erleichterung. Wir haben mehrere Politiker aus der Region befragt, wie sie das Wahlergebnis einstufen.
Für den Mann des Abends, Spitzenkandidat Manfred Weber, war am Ende vor allem eines wichtig: Die gestiegene Wahlbeteiligung. Mehr als jeder zweite Europäer habe in diesem Jahr seine Stimme abgegeben, das sei ein klarer Schritt nach vorne. "Die europäische Demokratie lebt" betonte Weber und sprach von einer "Trendwende" auf EU-Ebene. Zum Wahlergebnis selbst sagte Weber am Montag vor der Parteivorstandssitzung der CSU, er freue sich über den "Rückenwind aus Bayern".
Der Bundestagsabgeordnete Alois Rainer (CSU) zeigte sich auf idowa-Anfrage erfreut über das Ergebnis im Freistaat: "Ich gratuliere Manfred Weber und freue ich mich sehr, dass wir in Bayern und insbesondere hier bei uns in Niederbayern ein solch gutes Ergebnis für die CSU erreichen konnten. Die Unterstützung und das Vertrauen, das Manfred Weber und der CSU zuteil wurde, sind gerade nach den zurückliegenden Jahren großartig. Auch die gestiegene Wahlbeteiligung um 20 Prozentpunkte zeigt das Interesse an Politik und Demokratie. So konnte die CSU im Bayerischen Wald ihre Stimmen mehr als verdoppeln und im Landkreis Straubing-Bogen mit 58,7 Prozent sogar das Bayernweit beste Stimmenergebnis für die CSU erzielen. Das zeigt deutlich, dass die Menschen hinter dem CSU Spitzenkandidaten stehen. Ich halte Manfred Weber für den richtigen Mann in der EU und hoffe, dass er in den kommenden Tagen und Wochen das Amt des Kommissionspräsidenten antreten kann - die Unterstützung aus Deutschland und insbesondere die aus Bayern ist ihm sicher."
Auch Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr (CSU) freut sich vor allem über die deutlich gestiegene Wahlbeteiligung: Diese stieg in Straubing von 31,8 auf 50,1 Prozent. Viele Straubinger hätten erkannt, dass sich viele wichtige Fragen nicht mehr national lösen lassen. "Ich bin sehr froh darüber", so Pannermayr gegenüber dem Straubinger Tagblatt. Mit dem Ergebnis seiner CSU (50,9 Prozent) ist er zufrieden. Auch in Straubing sei der "Weber-Effekt" spürbar gewesen.
Alexander Putz (FDP), Oberbürgermeister von Landshut, sieht die diesjährige Wahlbeteiligung ebenfalls sehr positiv: "Das ist mit Sicherheit das Erfreulichste für uns alle an diesem Wahlabend. Und ein sehr gutes Zeichen für unsere lebendige Demokratie", sagte er im Gespräch mit der LZ. Als klaren Wahlsieger sieht Putz die Grünen: "Weil sie es geschafft haben, mit dem Klimaschutz ein Thema zu spielen, das die Menschen sehr bewegt. Alle anderen Parteien blieben in ihren Programmen dagegen sehr unkonkret." Davon nimmt Putz auch seine eigene FDP nicht aus.
Von einem "gigantischen Ergebnis" schwärmt Sigi Hagl, die Landesvorsitzende der Grünen und OB-Kandidatin in Landshut. Die Stimmung sei "natürlich dementsprechend großartig". "Es war eine Schicksalswahl für das Klima, es ist nun mal die letzte Chance, Schlimmeres abzufedern. Das haben die Wähler gemerkt", ist Hagl überzeugt.
Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) ist mit dem Abschneiden der Freien Wähler insgesamt zufrieden. "5,6 Prozent in Bayern sind ein Ergebnis, auf das wir aufbauen können", so Aiwanger in einem Facebook veröffentlichtem Statement. Er sieht darin ein deutliches Potenzial für die nächsten Landtagswahlen. Die Freien Wähler hätten es geschafft, sich als "vernünftige Partei der Mitte" zu etablieren.
Neben Manfred Weber zieht mit Christian Doleschal aus Brand (Kreis Tirschenreuth) noch ein weiterer Ostbayer für die CSU ins Europaparlament ein. Er hat mit Platz fünf der Liste einen der sieben Sitze sicher. Es sei ein "super Ergebnis", freut sich Doleschal im Gespräch mit dem Straubinger Tagblatt. Für ihn wird es die erste Amtsperiode im Parlament. Angst vor der Aufgabe habe er nicht, "aber großen Respekt", so Doleschal.
Auch Ismail Ertug (SPD) aus Kümmersbruck (Kreis Amberg-Sulzbach) sitzt künftig weiter im Europaparlament - und das trotz des desaströsen Ergebnisses seiner Partei. Daraus macht auch Ertug keinen Hehl: "Die Stimmung ist bedrückt, wir haben ganz vehement verloren." Sowohl in Niederbayern als auch in der Oberpfalz sei die SPD nur noch viertstärkste Kraft. Das große Handicap seiner Partei sei die Große Koalition in Berlin, glaubt Ertug: "Die Leute wollen die GroKo nicht mehr haben."
Bernhard Suttner, Kreisvorsitzender der ÖDP im Landkreis Straubing-Bogen, ist von dem Wahlergebnis enttäuscht: "Wir haben bundesweit und im Freistaat Bayern zugelegt, unser Europa-Mandat sicher verteidigt, aber im Landkreis Straubing-Bogen und in der Stadt Straubing Verluste hinnehmen müssen. Unsere Arbeit der letzten Jahre für den Artenschutz, unsere Aufklärungsarbeit zum Klimaschutz und unsere kontinuierliche Sacharbeit in den Kommunalparlamenten wurde nicht honoriert. Das ist schon enttäuschend." Erschreckt zeigt sich Suttner auch darüber, dass in der Heimatregion erneut rechte Parteien überdurchschnittliche Ergebnisse erzielen: "Nichts geleistet, Verachtung der Umweltthemen und trotzdem viel Zustimmung - das verstehe wer will."
Angesichts der Niederlage ihrer Partei sprach die Regener Landrätin Rita Röhrl (SPD) von "einem Nackenschlag, dass dir die Luft wegbleibt." Trotz ihrer Zugewinne sieht sie die Grünen aber nicht als Volkspartei, "da fehlts noch um ein Eck". Die SPD aber müsse sich jetzt selber finden, es muss identifizierbarer sein, wofür sie steht. Mit der Wahlbeteiligung im Landkreis ist sie im großen und Ganzen zufrieden, die Menschen hätten verstanden, wie wichtig Europa sei. Das Ergebnis der AfD sei jedoch "immer noch zu gut". Besonders nach dem, was dieser "Haufen" im Bayerischen Landtag veranstalte, hätte sie auf weniger Stimmen für die Partei gehofft. Sie ist sich aber sicher: "Mehr als die Hälfte wählen sie nicht aus Überzeugung, sondern weil sie beim besten Willen nicht mehr wissen, wo sie sonst ihr Kreuzchen machen sollen". Die Aufgabe der anderen Parteien sei es nun, besser zu werden und diese Protestwähler zurückzugewinnen.