Einzelhandel
"Black Friday" in Ostbayern: Segen oder Fluch?
29. November 2019, 7:00 Uhr aktualisiert am 6. April 2023, 18:03 Uhr
"Black Thursday", "Black Weekend", "Black Week": Kaum ein Geschäft am Straubinger Stadtplatz, das momentan nicht mit Aktionen wie diesen wirbt. Der "Black Friday" ist längst auch in Ostbayern angekommen. Doch die günstigen Angebote sind nicht für alle ein Segen.
Der "Black Friday"-Trend stammt ursprünglich aus den USA. Traditionell ist damit der Freitag nach Thanksgiving gemeint, der in Amerika den Beginn der Weihnachtseinkäufe einläutet. Zahlreiche Unternehmen werben an diesem Tag mit verlockenden Angeboten und stark reduzierten Preisen, um Kunden in Kauflaune zu versetzen. "Noch vor vier, fünf Jahren war der 'Black Friday' in Bayern kaum bekannt", berichtet Bernd Ohlmann, Pressesprecher des Handelsverband Bayern (HBE). Heute gehe der Aktionstag dagegen auch hier "ab wie eine Rakete". Allein an den beiden umsatzstärksten Tagen, dem Freitag ("Black Friday") und dem darauffolgenden Montag ("Cyber Monday") würden in Bayern über 400 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Durchschnittlich gebe jeder Bayer dabei 54 Euro aus. Für das gesamte Weihnachtsgeschäft (November und Dezember) rechnet der HBE in diesem Jahr ebenfalls mit neuen Rekordwerten: So soll beim Umsatz erstmals die 14-Milliarden-Euro-Marke geknackt werden.
Kein Garant für mehr Umsatz
Also alles in Butter? Nicht ganz. Denn einige Händler sehen den "Black Friday" durchaus kritisch, berichtet Ohlmann. Zwar sei der Aktionstag mittlerweile als bekannte Marke etabliert, doch einige Händler befürchten, sich dadurch das eigene Weihnachtsgeschäft zu verkürzen. Denn wenn der Kunde bereits im November zuschlage, habe er im Dezember möglicherweise keinen Bedarf mehr. Ein automatischer Garant für mehr Umsatz sei der "Black Friday" deswegen nicht.
Das betont auch Martin Erdl, Einzelhandelssprecher in Straubing. In der Gäubodenstadt sei der "Black Friday" vor drei Jahren zum ersten Mal aufgekommen - seitdem nimmt die Anzahl der Geschäfte, die sich daran beteiligen, jährlich zu. "Der Black Friday ist schon ein richtiger Impuls für den Auftakt des Weihnachtsgeschäfts. Aber ob sich die Teilnahme an der Aktion lohnt, muss jeder Händler selbst entscheiden", so Erdl. Er selbst hat bei Intersport Erdl eine ganze Woche lang reduzierte Preise: "Für einen einzelnen Tag würde sich der Werbeaufwand nicht rentieren." Mit dieser Sichtweise ist Erdl nicht allein: Viele Geschäfte in Straubing werben mit Angeboten zum "Black Weekend" oder sogar einer "Black Week". Neben der längeren Laufzeit hat das aber auch noch einen weiteren Grund: Die Bezeichnung "Black Friday" ist geschützt. Wollen Geschäfte damit werben, werden Gebühren fällig. Deswegen lassen sich hier viele Händler kreative Umschreibungen einfallen.
Auch die Paketbranche ist angespannt
Nicht nur für die Einzelhändler ist der "Black Friday" ein zweischneidiges Schwert: Auch für die Paketbranche ist der Aktionstag Segen und Fluch zugleich. Einerseits sorgen "Black Friday" und "Cyber Monday" zuverlässig für volle Auftragsbücher und verlagern das Weihnachtsgeschäft nach vorne. Dadurch schrumpfen die Paketberge unmittelbar vor Weihnachten etwas. Andererseits bedeuten sie eben auch eine höhere Belastung über einen längeren Zeitraum. So rechnet etwa die Deutsche Post während des Weihnachtsgeschäfts ab Ende November mit bis zu 11 Millionen Paketen pro Arbeitstag. Zum Vergleich: Im Jahresdurchschnitt liegt der Tageswert gerade mal bei fünf Millionen. Um solch enorme Mengen Pakete bewältigen zu können, müssen die Logistikfirmen zusätzliche Arbeitskräfte einstellen und auch mehr Fahrzeuge auf die Straße schicken. Das kostet. "Es ist nicht so, dass der Dezember, was die Profitabilität anbelangt, der beste Monat ist", sagt deswegen Melanie Kreis, Finanzvorstand bei der Deutschen Post. "Ganz im Gegenteil: Man muss da ein sehr, sehr großes Augenmerk haben, dass uns die Kosten nicht aus dem Ruder laufen."
Übrigens: In den USA sind die Umsätze an diesen Tagen gewaltig. Mehr dazu in der Grafik des Statistikanbieters statista unten.
Mehr Infografiken finden Sie bei Statista