Nach Gerichtsurteil
Bayern setzt 2G-Regel für Handel komplett aus
19. Januar 2022, 14:47 Uhr aktualisiert am 3. April 2023, 12:02 Uhr
In sämtlichen Läden in Bayern dürfen die Kunden wieder unabhängig von ihrem Impfstatus einkaufen. Die Kontrollen an der Eingangstür entfallen nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs. Damit wurde die bundesweit vereinbarte 2G-Regel zum zweiten Mal kassiert.
"Darf ich bitte Ihren Impfausweis sehen?" Diese Frage wird man im Einzelhandel in Bayern künftig nicht mehr hören: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die sogenannte 2G-Regel im Handel vorläufig gekippt. Die Staatsregierung reagierte prompt und kündigte noch am Mittwoch an, die grundsätzliche Beschränkung des Zugangs auf Geimpfte und Genesene nicht weiter anzuwenden. Bislang waren davon nur Läden zur Deckung des täglichen Bedarfs ausgenommen.
"Wir setzen in Bayern 2G im Handel komplett aus und sorgen damit für eine schnelle und praktikable Umsetzung der VGH-Entscheidung", teilte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) mit. Bayern sei mit der Zugangsbeschränkung auf Genesene und Geimpfte (2G) im Handel einem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz gefolgt, "aber wegen der entstandenen Abgrenzungsschwierigkeiten ist nun die Regelung wie in den Supermärkten die einfachere Alternative". Herrmann betonte zudem: "Die FFP2-Maskenpflicht im Handel gilt weiterhin und bietet Schutz."
Aiwanger begrüßt Entscheidung
Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) begrüßte die Entscheidung: "Der Einzelhandel hatte diese Lockerung schon länger gefordert, da die 2G-Kontrolle für die betroffenen Sortimente hohen Aufwand bedeutete und im Handel aufgrund der FFP2-Masken keine besondere Infektionsgefahr besteht", sagte Aiwanger der "Passauer Neuen Presse". "Die Abgrenzung des "täglichen Bedarfs" war ohnehin schwierig und war immer wieder Gegenstand von Gerichtsurteilen."
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte am Mittwoch einem Eilantrag gegen die 2G-Regeln stattgegeben. Nach der 15. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung durften bislang nur Geimpfte und Genesene Ladengeschäfte betreten. Ausgenommen waren Geschäfte, die der Deckung des täglichen Bedarfs dienen. Die Antragstellerin, die ein Lampengeschäft in Oberbayern besitzt, sah darin eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Ihrem Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung der Regelung gab der Verwaltungsgerichtshof vorläufig statt. Zwar dürfte eine 2G-Zugangsbeschränkung grundsätzlich eine ausreichende gesetzliche Grundlage haben, betonte der Senat. Doch gebe das Infektionsschutzgesetz vor, dass sich die Reichweite von Ausnahmeregelungen mit hinreichender Klarheit aus der Verordnung selbst ergeben müsse und nicht auf die Ebene des Normenvollzugs und dessen gerichtlicher Kontrolle verlagert werden dürfen.
VGH kritisiert fehlende Klarheit
Doch das Kriterium des "täglichen Bedarfs" werde in der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung durch eine - ausdrücklich nicht abschließende - Liste von Beispielen konkretisiert, erläuterte der Verwaltungsgerichtshof. Damit werde die 2G-Regel in der bisherigen Form den Anforderungen nicht gerecht. Auch bei sogenannten Mischsortimentern lasse sich nicht mit ausreichender Gewissheit aus der Verordnung entnehmen, welcher Laden von der Zugangsbeschränkung erfasst wird und welcher nicht. Gegen den Beschluss vom Mittwoch gibt es keine Rechtsmittel.
Bund und Länder hatten die 2G-Regeln für den Einzelhandel Anfang Dezember gegen den Widerstand des Handels bundesweit vereinbart. Für Niedersachsen kippte das dortige Oberverwaltungsgericht in Lüneburg die Regeln bereits Mitte Dezember, weil sie aus Sicht der Richter zur weiteren Eindämmung der Corona-Pandemie nicht notwendig und auch nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar seien.
In Berlin hingegen scheiterte die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof mit ihrem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht, das die Regeln als verhältnismäßig bewertete. Auch in Hamburg und Schleswig-Holstein blieben entsprechende Eilanträge ohne Erfolg. In Bayern hatte es ebenfalls schon zuvor Eilanträge gegeben. Doch der dortige Verwaltungsgerichtshof bewertete diese als unzulässig, weil die jeweiligen Antragsteller etwa als Inhaber von Spielwarengeschäften ohnehin unter die Ausnahmeregelung fielen.