"Kein Terrorist"
Anwälte von ICE-Messerstecher fordern Freispruch
16. Dezember 2022, 12:05 Uhr aktualisiert am 16. Dezember 2022, 16:30 Uhr
Im Prozess um die blutige Messerattacke auf ICE-Reisende vor mehr als einem Jahr hat die Verteidigung des Täters für ihren Mandanten einen Freispruch gefordert.
Er leide unter einer paranoiden Schizophrenie und habe die ihm vorgeworfenen Taten in einem Zustand der Schuldunfähigkeit begangen, sagte Verteidiger Maximilian Bär am Freitag. "Unser Mandant ist krank, unser Mandant muss behandelt werden und unser Mandant ist kein Terrorist." Die Verteidigung halte daher eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für angemessen.
Am 6. November 2021 soll der damals 27-Jährige in einem ICE auf der Fahrt nach Nürnberg unvermittelt vier Männer mit einem Messer angegriffen und drei von ihnen schwer verletzt haben. Zum Tathergang sind sich die Bundesanwälte und Verteidiger weitestgehend einig. Strittig ist hingegen die Frage nach dem psychischen Zustand des Angeklagten zur Zeit der Tat, und ob er ein radikal islamistisches Motiv hatte.
Staatsanwaltschaft will lebenslange Haft
Die Bundesanwaltschaft fordert für den Mann eine lebenslange Freiheitsstrafe, unter anderem wegen dreifachen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung aus niedrigen Beweggründen. Sie unterstellt einen dschihadistischen Hintergrund der Tat und wirft dem Beschuldigten vor, eine psychische Erkrankung nur zu simulieren. Drei psychiatrische Sachverständige waren sich im Prozess zuletzt einig, dass der Mann nicht psychisch krank gewesen sei.
Die Verteidigung sieht das anders. Es gebe "keine Stütze" für eine politische Motivation ihres Mandanten, sagte Bär. Nach seiner Einschätzung leide er an einer paranoiden Schizophrenie - das sei auch zum Zeitpunkt der Tat der Fall gewesen. Auf Zeugen hätte er im Zug einen "abwesenden" Eindruck gemacht, ein Zugbegleiter habe ihn als "apathisch" beschrieben. Als die Polizisten nach der Messerattacke in den ICE stiegen und ihn konfrontierten, habe er zudem spontan geäußert, dass er krank sei.
Für die Verteidiger sei daher die Schuldunfähigkeit ihres Mandanten klar. Bei einem Freispruch mit Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik, wie von der Verteidigung gefordert, würde der Messerangriff dennoch auf dessen Vorstrafenregister erscheinen.
Rund zwei Monate dauerte die Verhandlung vor dem Oberlandesgericht München an. Dabei wurden unter anderem die Opfer, Zeugen und diverse Sachverständige angehört. Wie zu Beginn geplant soll der Prozess am kommenden Freitag mit der Verkündung des Urteils zu Ende gehen.