Freude durch Helfen

Osterhofener kämpft mit seinem Sohn gegen Schatten der Vergangenheit

Ein Selbstmordversuch der Mutter stellt das Leben eines Siebenjährigen auf den Kopf. Sein Vater wünscht sich nur eins: Dass sein Sohn wieder unbeschwert lächelt. Damit das in Erfüllung geht, bittet er um Hilfe.


Gerne würde er seinem Sohn eine kindgerechte Wohlfühlatmosphäre bieten. Doch dafür fehlt derzeit das Geld.

Gerne würde er seinem Sohn eine kindgerechte Wohlfühlatmosphäre bieten. Doch dafür fehlt derzeit das Geld.

Zu Weihnachten hat der 31-jährige Osterhofener eigentlich nur einen Wunsch: seinen Sohn wieder unbeschwert lachen zu sehen. Seit dem Selbstmordversuch der Mutter ist der Siebenjährige nun in Obhut seines Papas, der ihm dabei hilft, das Erlebte zu verarbeiten. Doch zur Sorge um seinen Sohn kommen für die Pflegefachkraft noch massive finanzielle Probleme hinzu, an denen seine geschiedene Frau große Mitschuld trägt.

Gerade kommt Michael (Name von der Redaktion geändert) völlig verschwitzt vom Basketballtraining nach Hause. Es sind die wenigen Momente, in denen seine Augen strahlen. "Der Sport tut ihm gut. Hier kann er sich auspowern und die Belastungen rücken in den Hintergrund", sagt sein Papa und streichelt ihm liebevoll über den Kopf. Dann schickt er ihn zum Hausaufgabenmachen, denn vom Gespräch mit unserer Redaktion soll der Junge nichts mitbekommen, "weil es für ihn ohnehin schwer ist, das Erlebte zu verarbeiten."

Die Möbel im Kinderzimmer sind zusammengewürfelt.

Die Möbel im Kinderzimmer sind zusammengewürfelt.

Er fand seine leblose Mama mit Schaum vor dem Mund

Dennoch, vergessen wird der Siebenjährige den Moment wohl nie, als er seine Mutter eines Morgens im vergangenen Frühjahr mit Schaum vor dem Mund in der Küche fand. Der Junge verstand nicht, warum seine Mama kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Hätte er nicht geistesgegenwärtig seinen Papa angerufen, würde seine Mutter nach dem Suizidversuch mit Tabletten wohl nicht mehr leben.

Rückblende: Nur einige Jahre hielt die Ehe des Paares. Es waren vor allem die finanziellen Sorgen, die immer weiter überhandnahmen. "Daran war meine Exfrau nicht unschuldig. Sie gab oft mehr Geld aus, als wir hatten. Irgendwann war die Kluft zwischen uns einfach zu groß, wir hatten uns nichts mehr zu sagen", erinnert sich der 31-Jährige. Es folgte die Trennung, und die Ehe wurde geschieden. Nach der Scheidung lebte Michael bei der Mutter. Sein Vater absolvierte gerade seine Ausbildung zur Pflegefachkraft, hatte deshalb Schichtdienst und musste sich aufs Lernen konzentrieren. Um aus dem Schuldenberg herauszukommen, blieb nur eine Privatinsolvenz, doch mit den sicheren Berufsaussichten, schien Licht am Ende des Tunnels.

Jedes zweite Wochenende war Michael beim Papa. Hier war seine Welt in Ordnung, nichts deutete darauf hin, dass sich seine Mutter in einer sehr schwierigen Lebensphase befand. "Michael hatte eigentlich immer saubere Klamotten an, und wenn die Fingernägel mal wieder viel zu lange waren, dann hab ich sie eben geschnitten", erzählt sein Vater. Erst nach dem Selbstmordversuch seiner Exfrau wurde ihm bewusst, dass sein Sohn längst keine unbeschwerte Kindheit mehr hatte. Die Wohnung war verwahrlost, um Michael kümmerte sie sich längst nicht so, wie es eine Mutter tun sollte.

Psychologin hilft, das Erlebte zu verarbeiten

Von heute auf morgen nahm der 31-Jährige den Sohn im März bei sich auf. Mittlerweile hatte er seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und eine feste Anstellung als Pfleger in einer Fachklinik angenommen. Sein Arbeitgeber kam ihm entgegen. "Ich arbeite nun vorwiegend Frühschicht, da ist Michael dann eh in der Schule. Und wenn ich Nachtschicht habe, sind meine Mutter oder meine Freundin für ihn da", sagt der 31-Jährige. Mit seinem Sohn befindet er sich in psychologischer Behandlung, dort wird Michael dabei unterstützt, an dem Erlebten nicht zu zerbrechen.

Zu seiner Mutter hat Michael keinen Kontakt mehr. Versuche mittels psychologischer Begleitung, Treffen zu arrangieren, sind gescheitert. "Vielleicht ist das auch besser so. Mein Sohn stabilisiert sich langsam, hat auch hier in der Siedlung schon nette Freunde gefunden und fragt immer seltener nach seiner Mutter", merkt der Vater an. Und wenn doch Fragen kommen? "Dann helfen nur offene Worte, sagt die Psychologin. Ich soll meinem Sohn keine Hoffnung machen, wo es keine gibt", betont er. Allerdings ist er selbst, mehr als ihm lieb ist, mit dem Leben seiner Ex konfrontiert - muss immer wieder Dinge erledigen, sich um Altlasten kümmern.

Dazu gehören auch die Schulden, die er nun peu à peu abstottert. Auch hier hat er Hilfe in Anspruch genommen. Eine Sozialpädagogin der Schuldnerberatung des Caritaskreisverbandes unterstützt ihn dabei, die finanzielle Situation zu stabilisieren. Der Pfleger spart, wo er kann, doch nun musste er sich ein anderes Auto kaufen, "weil ich nur ein sehr, sehr kleines hatte und mit Kind reichte der Platz einfach nicht."

Ein Fahrrad steht auf seinem Weihnachtswunschzettel

Das Zimmer von Michael hat er mit gebrauchten Möbeln ausgestattet, "aber so richtig kinderfreundlich ist es nicht. Michael hat keinen Schreibtisch, alles ist irgendwie zusammengewürfelt, von kindgerechtem Wohlfühlcharakter sind wir weit entfernt", gibt der 31-Jährige zu. Gerne würde er Michael auch ein eigenes Fahrrad unter den Christbaum legen. Diesen Wunsch hat der Kleine in seinem Brief ans Christkind geschrieben. Doch dafür ist momentan einfach kein Geld übrig. Deshalb hat sich die Schuldner- und Insolvenzberatung des Caritasverbands an unsere Redaktion gewandt. "Es würde wirklich sehr helfen, wenn Vater und Sohn bei 'Freude durch Helfen' berücksichtigt werden könnten", schreibt die zuständige Mitarbeiterin.

Und auch der 31-jährige Osterhofener hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass er seinem Sohn zu Weihnachten seinen Wunsch erfüllen kann.